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# taz.de -- Deutscher Wahlkampf mit Erdoğan: Keine Partei für „Haustürken�…
> Die Allianz Deutscher Demokraten buhlt mit dem türkischen
> Staatspräsidenten um die Stimmen türkeistämmiger Wähler*innen. Ein
> Bankkonto haben sie aber nicht.
Bild: „Die Internetseite der Partei wirkt auf den ersten Blick liberal.“
Wer freut sich über den Aufruf zum Wahlboykott von SPD, CDU und den Grünen
durch den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan? Allen voran
die Allianz Deutscher Demokraten (AD-Demokraten), die sich als Reaktion auf
die durch den Bundestag beschlossene Armenien-Resolution – die das
historische Massaker als Völkermord einstuft – im Juni 2016 gründete.
Laut der Webseite sei das Ziel der Partei, sich für „gesellschaftliche
Gleichberechtigung von Menschen mit Migrationshintergrund“ und „gegen deren
kulturelle Assimilierung“ einzusetzen.
## Bundeskandidatur in NRW
Nur in Nordrhein-Westfalen haben die erhofften Unterschriften zur Zulassung
zur Bundestagswahl am 24. September gereicht. Mit zehn Kandidat*innen
treten sie an, bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai
2017 erhielten sie allerdings nur 0,1 Prozent der Stimmen.
Die AD-Demokraten hoffen auf die Stimmen der bisherigen Nicht-Wähler und
Boykott-Wähler. Auch vermuten sie, dass sie den Unmut, den viele
türkeistämmige Bürger*innnen in Deutschland seit der Armenien-Resolution
unabhängig von ihrer Präferenz für die AKP, in eigene Wahlstimmen ummünzen
können. Nach einer Studie des Sachverständigenrats Deutscher Stiftungen für
Integration und Migration aus dem Jahre 2016 bevorzugen türkeistämmige
deutsche Wähler*innen allerdings nach wie vor die SPD.
## Kein Platz für Gender Mainstreaming
Die drei Gründer der Partei, Remzi Aru, Ramazan Akbas und Halil Ertem, 45
und 50 Jahre alt, sind alle Familienväter und berufstätig, als
IT-Unternehmer, Anwalt und selbstständiger Juwelier. Die Internetseite der
Partei wirkt auf den ersten Blick liberal. Lachend reckt sich auf der
Startseite eine junge Frau vor dem Brandenburger Tor mit einer
Deutschlandfahne.
Sieht man sich allerdings ihre Forderungen genauer an, sind einige
Parallelen zur AfD erkennbar: Für sogenannte Frauenforschung und Gender
Mainstreaming sollen nach Wunsch der AD-Demokraten keine staatlichen Mittel
mehr ausgegeben werden. Das Fundament einer Gesellschaft seien Ehe und
Familien – Ehen natürlich nur als Gemeinschaft von Mann und Frau.
Unter dem Punkt „Bildung“ fordern sie „Bildungspflicht“ – ergo home
schooling und Stärkung der Privatschulen – statt Schulpflicht und unter dem
Punkt „Medien“ plädieren die AD-Demokraten für eine Abschaffung der
GEZ-Gebühren („Das Modell der zwangsfinanzierten öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten hat sich überlebt“).
## Wahlaufruf mit Erdoğan
Auf den Onlinediensten Twitter und Facebook hält sich die Allianz Deutscher
Demokraten dann auch mit ihrer Erdoğan-Liebe nicht mehr zurück. Vor allem
die Empfehlung des türkischen Staatspräsident an die in Deutschland
lebenden Türk*innen, bei der anstehenden Bundestagswahl nicht CDU, SPD oder
Grüne zu wählen, wollen sich die AD-Demokraten zu Nutzen machen.
Wahlplakat: Erdoğan wirbt für die AD-Demokraten
Vier Tage nach dem Aufruf des türkischen Präsidenten, ausgesprochen nach
dem Freitagsgebet am 18. August, wirbt die AD-Demokraten mit Erdoğans
Konterfei und seinem Ausspruch „Gebt den türkeifreundlichen Parteien eure
Stimme“ auf ihrer Facebookseite. Unter Türkeistämmigen hat dies eine
Diskussion losgetreten.
„Hat denn der Reis eine Ahnung davon, was ihr hier macht?“, fragt ein
Facebook-User auf türkisch. Ertan Toker, 40-jähriger Diplom-Informatiker
und NRW-Kandidat für die Bundestagswahl antwortet: „Ja, hat er. Er hat das
doch selbst angeregt, nur Parteien zu wählen, die türkeifreundlich sind.“
## Zoff mit „Haustürken“ und AfD
Ertan Toker mag ein neuer Name auf der politischen Bühne Deutschlands sein,
der Bundesvorsitzende Remzi Aru ist es dagegen nicht. Der Unternehmer
pöbelt gern und viel. Vor allem auf deutsche Abgeordnete mit türkischen
Wurzeln der größeren Parteien hat er es abgesehen, die er oft als
„Haustürken“ beschimpft.
Im Januar diesen Jahres setzte die AfD ein richterlich Verbot durch, dass
ihnen die Kurzbezeichnung „ADD“ untersagt. Begründung: die
Verwechslungsgefahr der beiden Kürzel sei zu groß. Vertreten wurde die AfD
in diesem Fall durch den Anwalt Ralf Höcker, der bereits etwas prominentere
Politiker vertreten hat: So zum Beispiel den türkischen Staatspräsidenten
in all seinen Beleidigungsklagen nach dem Schmähgedicht von Satiriker Jan
Böhmermann.
Ohne Moos nix los
Und ein weiteres handfestes Problem hat die Partei. Vier Banken haben ihnen
bisher das Parteikonto gekündigt.
Die Hypovereinsbank soll ihr im letzten Jahr zuerst die Eröffnung eines
Kontos zugesagt – und dann wieder abgesagt haben. Auf Anfrage der
taz.gazete antwortete die Bank dazu lediglich, dass sie sich “aufgrund des
Bankgeheimnisses zu einzelnen Fällen nicht“ äußert. Die Postbank bestätig…
taz.gazete, dass sie der Partei ein Konto aufgekündigt hatte.
## „Nicht im Einklang mit ihren Werten“
Grund für die Kündigung sei, dass die Bank der Ansicht war, die Partei
befinde sich „nicht im Einklang mit den Werten, auf Basis derer die
Postbank Geschäftsbeziehungen unterhält“. Die Bank beziehe sich dabei auf
Werte, die die meisten Menschen in Deutschland teilen würden, wollte dies
allerdings nicht weiter ausführen.
Das Problem mit dem Bankkonto scheint immer noch zu bestehen: Laut Homepage
hat die AD-Demokraten nach wie vor keine Bankverbindung. Auf ein
Gesprächsangebot der taz.gazete hierzu reagierte die Pressestelle der
AD-Demokraten bisher nicht.
30 Aug 2017
## AUTOREN
Juliane Fiegler
Ebru Tasdemir
## TAGS
taz.gazete
Politik
Türkei
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