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# taz.de -- Der Vatikan und der Mixa: Mein Gott, Walter!
> Der abgesetzte Bischof von Augsburg will sich nicht mit seiner
> Degradierung abfinden - und wird mit Indiskretionen über Alkoholismus in
> Schwulitäten gebracht.
Bild: Walter Mixa, der Fall eines entsorgten Spitzentheologen, eines Irrlichts …
Jetzt hat der Mann wirklich keine Chance mehr - obwohl oder gerade weil er
sich so störrisch verhält. Walter Mixa, bis vor wenigen Wochen Bischof von
Augsburg, nach eigenem Verständnis und dereinst dem des Vatikans
Hoffnungsträger eines fundamentalen katholischen Wesens, hatte angeblich
ohne Pressionen durch Bischofskollegen seinen Rücktritt vom Amt erklärt.
Er strauchelte nicht über sein theologisches Verständnis oder über
Ketzerei, sondern weil unsauberes, raffgierig scheinendes Finanzgebaren in
seinem Einflussbereich ruchbar wurde und weil er sich körperlicher
Züchtigung bedient haben soll, um Gehorsam von Kindern in einem
katholischen Heim zu erzwingen.
Mixa, innerhalb des Klerus ein Aufsteigertyp, kein Kind aus
bildungsbürgerlichen Verhältnissen, musste von seinem Posten
päpstlicherseits entbunden werden, weil er mehr und mehr einem schweren
Imageschaden gleichkam. Dieser Mann war, wie im Klerus geraunt wurde, zu
einer Belastung der Kurie geworden - ein unsicherer Kantonist, der in der
Öffentlichkeit, selbst in den frömmsten Worten, nur noch abschreckend
wirkte.
So wurde er nach, wie es taktvoll hieß, Beratungen durch die Bischöfe
Robert Zollitsch (Freiburg) und Reinhard Marx (München) zur Reise in die
Schweiz gebeten. Mixa - der Fall eines entsorgten Spitzentheologen, eines
Irrlichts des Katholizismus. Aber dieser Mann wollte keine Ruhe geben und
erklärte in Zeitungsinterviews, eigentlich stimme nichts von den Vorwürfen
gegen ihn, man habe ihn mehr oder weniger erpresst, das Amt zu verlassen.
Zollitsch und Marx sollen die Übeltäter gewesen sein - aber die stritten
dies umgehend ab.
Im Vatikan war man noch beunruhigter, als Mixa, wieder aus der Schweiz
zurück, in seine alte Bischofswohnung von Augsburg zurückkehrte. Mild noch
hieß es, irgendwohin müsse er ja; Mixa machte aber keine Anstalten, diesen
Aufenthalt zum Umzug zu nutzen - nun tauchten via Frankfurter Allgemeine
und Süddeutsche Zeitung Berichte auf, die aus diesen Medien zugänglichen
Geheimakten schöpfen.
Und so liest das Publikum nun wahrhaft Delikates, an dem Mixa und jedes
seiner Begehren, wieder rehabilitiert zu werden, scheitern muss. Ein
"Spiegeltrinker" sei er, ein Mann mit schwerstem Alkoholproblem. Das
schweizerische Spontanasyl, um sich selbst aus dem Licht der Öffentlichkeit
zu nehmen, wurde nun als Psychiatrie tituliert, in der der Bischof sich
behandeln lassen musste. Aus der Bayerischen Bischofskonferenz hieß es nur
kalt: "Wir wünschen ihm gute Genesung. Sein Aufenthalt in der
psychiatrischen Klinik war ein erster Schritt." Ist das nicht die Sprache
von Zerstörern durch Indiskretion?
Noch anzüglicher die Bemerkungen über Mixa und seine sexuellen Vorlieben,
die in seinem Job ohnehin keine praktische Rolle spielen dürfen, aber wenn,
dann allenfalls in der heterosexuellen Variante. Aber dieser Kleriker soll
jungen Priesteramtskandidaten an den Rock gegangen sein, nicht einmal,
sondern öfter, obendrein, wie kolportiert wird, im Zustand von durch Wein
und noch mehr Wein belebter Enthemmung.
Die Moral von der Geschicht? Der Vatikan, mit ihm der Klerus in
Deutschland, haben in Mixa den perfekten Deppen gefunden, der nun den Ruf
der lallenden Weindrossel nicht mehr loswerden kann. Er scheint als Chiffre
für Unvernunft und Sünde; die anderen, der Papst an der Spitze, sind die
Aufklärer, Männer der Vernunft, die einen Widerspenstigen nur schwer unter
die Fuchtel kriegen können.
Davon abgesehen, dass vermutlich alles zutrifft, was man Mixa nun in
Dossiers und Nachreden hinterherspricht: Es übersieht, dass dieser Mann das
alles mit bester Billigung all seinen Kollegen tun konnte, dass der
katholische Klerus selbst systematisch Männer hervorbringt wie - Walter
Mixa.
22 Jun 2010
## AUTOREN
Jan Feddersen
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Wieder Neues vom Mixa: Kapitulation!
Walter Mixa gibt klein bei. Er hat sich mit seinem Rücktritt abgefunden und
bittet in einer Erklärung um Entschuldigung. Zudem wird er aus dem
Bischofshaus ausziehen.
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