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# taz.de -- Die Wahrheit: Frischgebackener Eisbergvater
> Endlich Papa! Von einem zig Milliarden Tonnen schweren und hundertfünfzig
> Kilometer langen Wonneproppen. Die Mutter ist wohlauf.
Bild: Auch ein schmackhaftes Stück Menschenfleisch muss vorher genau begutacht…
Meine Frau ist ein Gletscher. Dieser Tage sind wir Eltern geworden. Beim
Kalben gab meine Frau schreckliche Laute von sich. Hunderte Wissenschaftler
begleiteten die Geburt mit Sensorsystemen, Satellitenbildern und Selfies im
Schnee. Der Deutschlandfunk rief an, wollte ein Interview mit mir, fragte,
wie ich mich fühlte als Eisbär-, Entschuldigung: Eisbergvater. Ich sagte,
ich fühle mich so wie jeder andere Vater, der einen Billionen Tonnen
schweren Eisberg gezeugt hat. Der Mutter ginge es, wie aus dem Weltraum
deutlich sichtbar sei, ebenfalls den Umständen entsprechend gut.
Den emotionalsten Moment erlebte ich, als mich die Hebamme, ein ehemaliger
Kapitän der sowjetischen Kriegsmarine, aufforderte, die „Nabelschnur“ zu
durchtrennen. Er nahm meine Hände und legte sie an das Steuerrad des
Atomeisbrechers, woraufhin ich das Schiff auf die letzte Eisverbindung
krachen ließ und unseren Sohn endgültig ins Leben entließ.
Ich wünsche mir für seine Zukunft nur das Beste, dass der Kleine wächst und
gedeiht. Auch bin ich ein bisschen besorgt, wie jeder junge Vater, ob
wirklich alles gut gehen wird. Hauptsache, so wurde mir von anderen Eltern
gesagt, er schläft so früh wie möglich nachts durch, der kleine Larsen.
Damit ich und vor allem seine Mutter uns aufwärmen können. Die ständige
Unterkühlung ist das, was den Eltern eines Frischgefrorenen am meisten zu
schaffen macht. Immerhin erfahren wir viel Unterstützung seitens der Paten,
des Alfred-Wegener-Instituts und der Aberystwyth University in Wales –
Onkel Alfi und Tante Abu, wie wir sie nennen –, die beide dicke
Forschungsschiffe in die Neugeborenenstation am Königin-Maud-Land geschickt
haben.
Sie beruhigten uns schon vorher, dass wir nicht bei jeder warmen Pfütze zum
Klimatologen rennen müssen, das sei ganz normal bei kleinen Eisbergen.
Darüber, welche Kinderschutzimpfungen wir zulassen wollen, habe ich schon
während der fünfzehn Jahre Schwangerschaft mit meiner Frau gestritten. Sie
will auf keinen Fall etwas von der Geopharmamafia, weil sie glaubt, dass
Impfstoffe später Gefrierbrand und Hagelschauer auslösen können. Ich
hingegen halte einen Schutz gegen Gelbfieber und Schmelzsucht für absolut
notwendig. Aber gut. Bis der Kleine zum Hort am Wendekreis getrieben sein
wird, wo er auf andere Eisbergbabys trifft, haben wir noch Zeit.
Am meisten freue ich mich auf den ersten Zoobesuch mit unserem
Süßwasserschatz. In Sydney vielleicht, dort verspricht man Barrierefreiheit
auch für „etwas größer geratene“ Besucher. Dann werde ich das erste
Familienfoto schießen. Hoffentlich schaffe ich es, dass alle Viecher
gleichzeitig in die Linse gucken, ehe wir das Hafenbecken geflutet und die
halbe Stadt plattgewalzt haben werden.
Ob meine Frau noch ein zweites Mal kalben wird, kann ich übrigens noch
nicht sagen. Wir müssen sehen, wie sich unser Sexualleben entwickelt,
jetzt, da wir unser Leben zu dritt führen und jede Nacht ein hundertfünfzig
Kilometer langer Wonneproppen zwischen uns kuschelt.
21 Jul 2017
## AUTOREN
Theobald Fuchs
## TAGS
Eisberg
Geburt
Schwerpunkt AfD
Sex
Familie
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