# taz.de -- Fussball Mehmet Scholl wird uns bald wieder erklären, warum Doping… | |
Natürlich kann man Mehmet Scholl auch verstehen. Was ist denn plötzlich mit | |
der ARD los? Wie kommt der öffentlich-rechtliche Fanklub der deutschen | |
Fußballnationalmannschaft ausgerechnet in einer Hochglanzphase des | |
deutschen Fußballs auf diese absonderliche Idee, die Schwärmereien über die | |
eigenen Erfolgsjungs einzustellen, um über das Dopingproblem des russischen | |
Fußballs zu reden. Diese unappetitlichen Themen lagert die ARD doch sonst | |
an die Nischenabteilung um Hajo Seppelt aus, die dann meist kurz vor | |
Mitternacht auf Sendung darf. Kein Wunder also, dass Scholl auf sein | |
Gewonheitsrecht pochte, weiter schwärmen zu dürfen und erbost das TV-Studio | |
verließ. | |
Dass dieses Dopinggerede echt öde ist, hat selbst der einstige Scharfmacher | |
und Dopingjäger Heiko Maas dieser Tage gemerkt. Als kurz vor der Tour de | |
France gerade wieder mal ein gedopter Fahrer vorab suspendiert wurde, | |
empfahl der Bundesjustizminister im Wissen die große Mehrheit der deutschen | |
Sportfans hinter sich zu haben, das dauernde Gerede darüber mal sein zu | |
lassen. | |
Mehmet Scholl weiß eigentlich immer die Mehrheit hinter sich. Kaum ein | |
Zweiter versteht sich so gut darauf, populäre Ansichten so eckig und kantig | |
zuzuschneiden. Weil er sich bei der Zuspitzung mehrheitsfähiger Positionen | |
nicht um politische Korrektheit schert, genießt er gar den Ruf des | |
eigenwilligen Individualisten. Mario Gomez, um den Scholl sich einst | |
sorgte, er könne sich im Sturm wundliegen, hat das leidvoll erfahren. | |
Was aber ist denn plötzlich mit Mehmet Scholl los? Über die Sinnlosigkeit | |
des Dopings bei einer so komplexen Sportart wie Fußball hat er doch schon | |
vor knapp zwei Jahren vor der Kamera schwadroniert. Er hätte das Thema doch | |
auch dieses Mal in aller Öffentlichkeit als nicht beredenswert abkanzeln | |
und sich des Beifalls der großen Mehrheit gewiss sein können. Dass | |
ausgerechnet die Russen bei der WM 2014 gedopt gewesen sein könnten, hätte | |
er doch triumphal als endgültigen Beweis dafür ausschlachten können, dass | |
Doping bei Kickern allenfalls Schaden anrichten kann. Und in der | |
ARD-Sportredaktion hätte man ihm das zu allerletzt verübelt. Warum hat er | |
heimlich gekniffen und bis heute kein Wort der Erklärung | |
hinterhergeschickt? | |
Vermutlich geht es hierbei lediglich um einen Machtkampf, um Eitelkeiten. | |
Bei den Honorarverhandlungen ist der ehemalige Bayern-Spieler gewiss schon | |
an Grenzen gestoßen, nachdem sein üppiges ARD-Honorar letztes Jahr | |
öffentlich skandalisiert wurde. Nun testet der 46-Jährige vielleicht an, | |
wie viel er sich auf anderen Gebieten herausnehmen kann. Unwahrscheinlich | |
ist indes, dass all dem ein ernsthafter inhaltlicher Zwist zwischen Scholl | |
und der ARD zugrunde liegt. | |
Dafür funken Sender und Experte zu sehr auf einer Wellenlinie. Der | |
Duz-Journalismus der ARD harmonisiert bestens mit der kecken Leutseligkeit | |
von Scholl. In Sachen Doping haben sich beide Seiten kurz mal | |
vergaloppiert. Man wird wieder zusammenfinden. In Kürze wird Mehmet Scholl | |
seine Interviewpartner wieder vor der Kamera herzen und uns allen erklären, | |
warum Doping eigentlich kein Thema in einer Fußballsendung sein kann. Warum | |
denn nicht gleich so? | |
Johannes Kopp | |
8 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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