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# taz.de -- Beziehungen zwischen Türkei und Katar: Zusammen ist man weniger al…
> Die Katar-Krise hat auch Folgen für die Türkei. Das Emirat ist der letzte
> Verbündete Erdoğans im Nahen Osten. Wie abhängig ist er vom Geld aus dem
> Golf?
Bild: Ziemlich beste Freunde: Erdoğan und Al-Thani.
Die strategische Beziehung zwischen Katar und der Türkei festigt sich seit
einigen Jahren zunehmend. Beide Länder sind am Syrienkrieg beteiligt, indem
sie die radikalislamistischen Milizen unterstützen. Anteile von großen
türkischen Firmen wie dem Pay-TV-Anbieter Digitürk und dem
Lastkraftwagenhersteller BMC wurden an katarische Firmen verkauft.
Türkische Unternehmen diverser Branchen erhalten großzügige Kredite von
katarischen Banken, Bauunternehmen bekamen lukrative Aufträge im Gesamtwert
von 13, 7 Milliarden – so sind auch mit der 2022 in Katar geplanten
Fußball-WM große Hoffnungen verknüpft.
## Ein Pferd namens Erdoğan
Nicht zuletzt ist auch Katars Staatsobehaupt persönlich, Emir Scheich Tamim
bin Hamad Al Thani, immer häufiger zu Gast in der Türkei. Welch enge
Freundschaft ihn mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdoğan verbindet,
zeigte er, indem er eines seiner Pferde nach ihm benannte und Erdoğan
anschließend 53 „Araber“ als Geschenk zukommen ließ.
Katar sei der einzige Verbündete der Türkei im Nahen Osten, hieß in letzter
Zeit häufiger. Dass nun Saudi Arabien, Ägypten, Bahrein, Yemen, Libyens
Ost-Regierung, Mauretanien, Jordanien und die Malediven alle Beziehungen zu
Katar beenden, die Grenzen schließen, keine Flüge mehr nach Doha zulassen
und ihre diplomatischen Vertreter aus dem Emirat zurückrufen, zeigt
wiederum, dass Katar in der Region mindestens so einsam ist wie die Türkei.
## Türkischer Militärstützpunkt im Emirat
Mit einer Einwohnerzahl von 2,5 Millionen, von denen ein Großteil
ausländische Arbeiter sind, hat Katar dank Öl- und Erdgasressourcen laut
dem Internationalen Währungsfond ein beachtliches Bruttoinlandsprodukt von
65.000 US-Dollar pro Kopf. Mit dem Ziel der „Gemeinsamen Ausführung von
Bildung und Praxis“ genehmigte Katar 2016 der Türkei einen
Militärstützpunkt im Emirat zu errichten. Daneben beherbergt Katar auch den
größten US-Militärstützpunkt des Nahen Osten.
Dass Saudi-Arabien die Beziehungen zu Katar aufgrund von
„Terrorunterstützung“ beendet, und dass US-Präsident Donald Trump dieser
Entscheidung beipflichtet, bringt auch die Türkei in Bedrängnis.
Staatspräsident Erdoğan, der die Entwicklung „mit Trauer“ zur Kenntnis
nahm, hat eine Reihe von Telefongesprächen unternommen, mit der Hoffnung,
eine Schlichterrolle einzunehmen.
Der Istanbuler Ökonom und Buchautor Mustafa Sönmez, der regelmäßig für
diverse Tageszeitungen wie Birgün und Cumhuriyet zur türkischen Wirtschaft
schreibt, beurteilt die Situation als äußerst heikel: „Die Türkei möchte
noch mehr Investitionen, noch mehr Profite aus Katar. Dass Katar sich von
den Golfstaaten distanziert wird folglich auch die Türkei als aliierten
Staat beeinflussen. Mit dem Militärstützpunkt gerät die Türkei nun in die
Rolle des Beschützers von Katar.“
## Kapital nicht existenziell
Dass der Block um Saudi Arabien auch auf das opportunistische Verhalten der
Türkei reagieren wird, steht für Sönmez außer Frage. „Den USA gefällt es
nicht, dass sich Katar vom Anti-Iran-Block fern hält. Die Ressourcen von
Katar wären wichtig für diese Gruppe. Zwar sieht Katar nun die Türkei als
den letzten Ast, an dem das Emirat sich festhalten kann. Doch wie stabil
ist dieser Ast wirklich?“ fragt Sönmez.
Das in der türkischen Oppositionspresse häufig thematisierte „arabische
Kapital“, das die türkische Wirtschaft angeblich am Leben hält, bezeichnet
Sönmez wiederum als „überbewertet“:
„Katar legt 53 Millarden US-Dollar im Ausland an. Davon werden gerade mal
1,5 Milliarden in der Türkei investiert. Natürlich gibt es hohe Kredite von
katarischen Banken. Und ich würde auch nicht verneinen, dass
unregistriertes Geld aus Katar in die Türkei fließt. Doch wenn sie sich die
Zahlen anschauen, ist es nicht so, dass die ausländischen Investitionen in
der Türkei lediglich aus den Golfstaaten kommen. Es sind gerade mal fünf
bis sechs Prozent.“
## Fettarmer Börek, bitte
Laut Sönmez besitzen Sanktionen gegen Katar nicht die Kraft, die türkische
Wirtschaft zu zerschlagen. Auch wenn die angespannte Beziehung zwischen
Katar und den übrigen Golftstaaten zu erhöhten Ölpreisen auf dem Weltmarkt
führen, werde es in der Türkei vermutlich zu keiner „Katastrophe“ kommen,
so Sönmez.
„Was den türkischen Markt unmittelbar beeinflusst, ist das Verhalten
ausländischer Investoren. Und momentan sind in dieser Hinsicht keinerlei
Folgen der Katar-Krise zu beobachten.“
Dennoch erwarte die Türkei eine schwierige Zeit in diplomatischer Hinsicht,
betont Sönmez: „Wie wird sich die Türkei verhalten? Wird sie sich dem Iran
und Russland annähern, oder dem sunnitischen Block um die USA? Momentan
möchte sich die Regierung zu keiner Entscheidung drängen lassen. Auf die
Art: ‚Den Börek esse ich, aber meine Finger sollen nicht fettig werden‘.“
7 Jun 2017
## AUTOREN
Ali Celikkan
Ali Çelikkan
## TAGS
taz.gazete
Politik
Schwerpunkt Iran
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