# taz.de -- Berliner Kulturpolitik: Heißer Tanz ums Haus | |
> Der moderne Tanz ist so erfolgreich wie nie. Aber es fehle ein zentrales | |
> Tanzhaus, klagen Akteure. Der Senat verspricht zu helfen. | |
Bild: Aus einer Probe bei Sasha Waltz: Der zeitgenössische Tanz ist ein Aushä… | |
London und Paris haben es. New York sowieso. Und das Land | |
Nordrhein-Westfalen wird sich mit dem Pina-Bausch-Zentrum ebenfalls eins | |
bauen. Berlin dagegen, trotz seiner großen und erfolgreichen | |
zeitgenössischen Tanzszene, fehlt noch immer ein Tanzhaus. Das soll nicht | |
so bleiben, wie die Tanzszene am Montag forderte. | |
„Die freie Szene, die Tänzer und Kompanies benötigen für ihre Arbeit | |
dringend ein Tanzhaus zur Ausbildung, für Proben und als Spielstätte“, | |
sagten Marie Henrion vom Tanzbüro Berlin und die Dramaturgin Sigrid Gareis | |
im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses bei einer Anhörung zum Thema. Es | |
sei „nicht nachvollziehbar“, dass es einen Standort dafür in Berlin noch | |
nicht gebe. Der Senat müsse alles dafür tun, dieses Vorhaben anzuschieben | |
und umzusetzen. | |
## „Quantensprung“ in der Sparte | |
Dabei stehen das Ballett und besonders der moderne Tanz an der Spree gar | |
nicht schlecht da. Kulturstaatssekretär Torsten Wöhlert (Linke) sprach im | |
Ausschuss sogar von einer „Erfolgsgeschichte der letzten zehn bis fünfzehn | |
Jahre“, innerhalb deren Berlin einen regelrechten „Quantensprung“ in dies… | |
Sparte hingelegt habe. | |
Was richtig ist: Das Land hat mit Millionenbeträgen Projekte und Festivals | |
unterstützt. Die Uferstudios im Bezirk Wedding wurden realisiert. Die | |
Sophiensæle, das Studio Dok11, die Tanzfabrik, die Schaubühne und | |
Neuköllner Oper oder auch das Theater Hebbel am Ufer (HAU) haben sich neben | |
dem Radialsystem zu international bedeutsamen Tanzorten entwickelt. Mit dem | |
kommenden Intendanten der Volksbühne, Chris Dercon, sei verabredet worden, | |
das Haus zu einem weiteren Spielort zu machen, so Wöhlert. | |
Der neue Senat habe in seinem Koalitionsvertrag die Wichtigkeit des Tanzes | |
und die Förderung von zirka 10 Millionen Euro jährlich festgehalten, | |
betonte der Staatssekretär außerdem. „Diese Finanzierung wollen wir im | |
nächsten Haushalt weiter stärken.“ Die Frage nach einer | |
institutionalisierten Einrichtung solle dabei ebenso gestellt werden. | |
Den Produzenten geht die Suche nach einem Tanzhaus – die Rede war im | |
Ausschuss auch vom Schillertheater – aber nicht schnell genug. Auch die | |
Struktur der Förderung in ihrer Sparte wurde von ihnen kritisiert. | |
## Tänzer beuten sich aus | |
Die Tanzszene sei zwar äußerst erfolgreich, könne sich aber wegen der „fast | |
ausschließlichen Projektförderung“ nicht recht entwickeln, erinnerte Simone | |
Willeit, Geschäftsführerin der Uferstudios GmbH. Viele TänzerInnen und | |
Gruppen arbeiteten selbstausbeuterisch und ohne ausreichende Mittel. Für | |
die 3.000 bis 4.000 KünstlerInnen und deren Mitarbeiter, die mittlerweile | |
in der Branche in Berlin tätig seien, müssten daher andere Modelle – wie | |
die der institutionalisierten Finanzierung – geschaffen werden. | |
Eine „nachhaltige Finanzierung“ für den modernen Tanz könnte nach Ansicht | |
von Henrion und Gareis so aussehen: ein eigenes Haus und daneben | |
„eigenständige Förderinstrumente“ über zwei bis vier Jahre, um in | |
Einstiege, Ausbildung, Projekte und auch Repertoires der Gruppen | |
investieren zu können. Aktuell sei ein Mehrbedarf von rund 1,8 Millionen | |
Euro vorhanden. Nur damit könne der „sehr gute Ruf“, den der moderne Tanz | |
in Berlin hat, gesichert werden. Sicher ist: Es wird ein heißer Tanz ums | |
Geld. | |
9 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Rolf Lautenschläger | |
## TAGS | |
Zeitgenössischer Tanz | |
Freie Szene | |
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