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# taz.de -- Kommerzialisierung des Profi-Fußballs: Hannover öffnet neuem Geld…
> Klub-Chef Martin Kind will Hannover 96 von der 50+1-Regel lösen und den
> Weg für Investoren frei machen. Dagegen gibt es Protest.
Bild: War von der Stimmung bei der Mitgliederversammlung nicht begeistert: Mart…
Hannover taz | Die Fans von Hannover 96 sind tief gespalten. Bei der
Mitgliederversammlung des Vereins kann man das auf einen Blick sehen. In
der Niedersachsenhalle des Hannover Congress Centrums haben sich die
Mitglieder ganz ohne Sitzzuteilung in zwei Lager getrennt: Vorne sitzen die
altgedienten Vereinsmitglieder aus verschiedenen Sportabteilungen, meist
grauhaarig und pro Vorstand. Hinten sitzen die jungen Fußballfans, die mit
Buhrufen und Pfiffen Stimmung machen, als wären sie in der Nordkurve – fast
alle sind Männer, egal ob alt oder jung.
Der Grund für den Konflikt sitzt vorne auf dem Podium, stützt das Kinn auf
eine Hand, den Mund leicht offen und schaut ernst ins Publikum: Martin
Kind. Der 96-Präsident will die 50+1-Regelung aufheben. Einen Antrag dafür
hatte er bereits im Januar bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) gestellt.
## Ausnahme von der Regel
Die 50+1-Regelung verhindert, dass Geldgeber die Stimmenmehrheit eines
Bundesligisten übernehmen, weil der Stammverein – und damit die Mitglieder
– 51 Prozent der Stimmen halten. Früher waren nur die Werksklubs VfL
Wolfsburg und Bayer 04 Leverkusen davon befreit. Mittlerweile ist eine
Ausnahme von der Regel möglich, wenn eine Person einen Verein mehr als 20
Jahre ununterbrochen und erheblich gefördert hat. Genau das trifft auf Kind
zu.
Als der Unternehmer den Verein 1997 – also genau vor 20 Jahren – übernommen
hatte, war der damalige Regionalligist Hannover 96 praktisch insolvent.
Heute sei der Klub samt Stadion rund 120 Millionen Euro wert, sagt Kind.
Damit in Zukunft leichter neue Investoren gewonnen werden könnten, müsse
die Mehrheitsregelung abgeschafft werden.
## Viele können es nicht nahvollziehen
Doch diese Argumentation können viele der Mitglieder nicht nachvollziehen.
Seien doch die bisherigen Erfolge trotz der 50+1-Regelung möglich gewesen.
Mit einem Antrag des Mitglieds David Waack versuchte die Vereins-Opposition
aus dem jüngeren Lager deshalb, das Prinzip in die Vereinssatzung
aufzunehmen, dass zukünftig Vereinsanteile nur mit einer
Zweidrittelmehrheit der Mitglieder verkauft werden dürfen.
Die völlige Trennung von Profi- und Breitensport sei ein massiver Eingriff
in die Struktur des Vereins und müsse von den Mitgliedern entschieden
werden, sagte Waack. „Ich bitte Sie, sich nicht entmündigen zu lassen“,
appellierte er vor der Abstimmung an die Mitgliederversammlung – jedoch
ohne Erfolg.
Denn für eine Satzungsänderung wären Zweidrittel der Stimmen nötig gewesen.
Es stimmten aber nur 263 Mitglieder für den Antrag, statt der
erforderlichen 289 Stimmen der 434 anwesenden Mitglieder. Unumstritten ist
das Ergebnis, das es Martin Kind ermöglicht, zukünftig die Mehrheit im
Verein zu übernehmen, aber nicht.
## Gegen Protest durchgesetzt
Denn schon vor der Abstimmung beschwerten sich einige Mitglieder darüber,
dass diese Wahl als einzige des Abends mit personalisierten Stimmkarten
durchgeführt wurde. Auf den Karten waren Nummern, über die der Verein nun
ermitteln kann, wer da seine Stimme abgegeben hat. Nur diejenigen, die für
die Aufnahme der 50+1-Regelung in die Satzung waren, mussten ihre Karte
einreichen. Das setzte der Verein gegen den lautstarken Protest der
Mitglieder durch.
„So etwas habe ich noch nie erlebt“, kritisiert Stefan Scherer, der nicht
nur Mitglied, sondern auch Rechtsanwalt ist. Der Vorgang sei
undemokratisch. „In jedem Kleingartenverein läuft das vernünftiger ab.“
Hannover 96 weist diesen Vorwurf auf Nachfrage zurück. Ein unabhängiger
Notar habe das Wahlprozedere vorgegeben, sagt ein Mitarbeiter. Der Notar
habe nach der Wahl auch die Stimmzettel mitgenommen. „Wir kommen da nicht
mehr ran.“ Es sei daher gar nicht möglich, an die Namen der Kritiker
heranzukommen. „Es liegt nicht in unserem Interesse, die Leute
rauszufiltern“, sagt der Mitarbeiter. Personalisiert sei die Wahl nur
gewesen, damit niemand seine Stimme an einen Dritten weitergeben konnte.
„Deshalb ist dieser Vorwurf total haltlos.“
1 May 2017
## AUTOREN
Andrea Scharpen
## TAGS
50+1-Regel
Hannover 96
Martin Kind
Sponsoren
50+1-Regel
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