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# taz.de -- Es waren Tage von historischer Größe: Die Bienenkönigin
Ausgehen und Rumstehen
von Monika Dietl
Was ist schon Rumstehen, wenn man dabei nicht gefilmt wird.
Also ab ins SchwuZ nach Neukölln, dessen Werkshallen-Chic der Fernsehsender
Arte seit zwei Jahren zur Aufzeichnung von exklusiven Konzerten für Stream
und TV-Sendung nutzt. „Berlin Live“ heißt die Reihe, in der schon Bands von
Moderat bis Anthrax im kleinen Rahmen zu sehen waren, aber vergangenen
Freitag war die Kombination Location/Band besonders reizvoll: SchwuZ trifft
auf Blondie.
Rund 550 Glückliche aller Stil- und Altersgruppen hatten es auf die
Gästeliste geschafft und stehen jetzt nicht nur wegen der Musik an, sondern
wegen der Persönlichkeiten, der Vorbilder, die vor 43 Jahren Geschichte
schrieben, als sie ihre ersten Auftritte in einer kleinen New Yorker
Schwulenkneipe namens „Mother“ hatten. Als Andy Warhol Debbie Harry
porträtierte; als sie zu einer Ikone der Gay Scene wurde.
Auch heute setzt sie sich noch für LGBT-Rechte ein: Über die Einladung zu
den Sportspielen nach Sochi schmiert sie groß „Menschenrechte!“ und postet
das auf Twitter. Bam! Auf die Bühne des SchwuZ kommt sie in einer Schürze
mit der Aufschrift „Stop Fucking the Planet“, auf dem Kopf sitzen zwei
Bienen in Plüsch. Blondie wollen etwas für die Welt tun, sagt Debbie,
glaubhaft. Zweifelsohne würde sie auch auf dem Marsch gegen Monsanto eine
gute Figur machen.
Dann steht sie am Mikro in Plattform-Sandalen und Pagenschnitt, Bienen auch
auf dem T-Shirt. Sie ist fülliger geworden, aber das passt gut zu ihrer
warmen Ausstrahlung und ihrem Humor, diese 7.0-Version ist fast noch cooler
als die junge Ausgabe. So entspannt, selbstsicher, ein Girl zum
Pferdestehlen, man muss sie einfach mögen. So sehen das sicher auch die
vielen jungen Fans vor der Bühne, ihre Debbie ist wohl nicht so sehr
Legende als zeitlos hipper Star, auf Augenhöhe mit ihrer eigenen
Stilsicherheit. Auch Blondie-Mitgründer Chris Stein beeindruckt in Schwarz,
stoisch an der Gitarre, die telegenen weißen Haare fallen ins Gesicht. Und
während sich die Kameramänner rücksichtsvoll ihren Weg durch das Gedränge
bahnen und vor mir ein kleiner Streit ausbricht, der mich fast meinen
Ausguck kostet, rockt die Band los.
Wer Platz hat, rockt mit, ein paar Uptempo-Hits am Anfang, auch „Fun“ vom
neuen Album fetzt. „Pollinator“ heißt das, summ-summ, alles für die Biene…
„My Monster“ von Johnny Marr und „Long Time“ kommen gut an, aber Kernst…
der Show sind natürlich die Blondie-Karaoke-Klassiker. Charmant werden sie
dargeboten, augenzwinkernd lässt Debbie die Fans ins Mikro singen, ein
wohlwollend-amüsiertes Lächeln im Gesicht.
Über ein paar Transen im Debbie-Harry-Look hätte ich mich auch noch
gefreut, aber die waren alle in Schöneberg im Kumpelnest 3000. Diese
Institution von Künstlerkneipe wurde am 1. Mai 1987 von Mark Ernestus (dem
Gründer von Hardwax Records) eröffnet und feierte Sonntag auf Montag den
30. Geburtstag. Ein überraschendes Highlight gab es aber schon am Mittwoch
davor: Westbam kam gratulieren und legte ab Mitternacht ein formidables
Punk-Set auf die Bretter. Eine Kumpelnest-Gängerin war wohl so beeindruckt,
dass sie sich zur Protokollantin erklärte und die gespielten Titel auf
Papier mitschrieb.
Leider konnte ich dieses Dokuments nicht habhaft werden, aber obige Angaben
zu Blondie können überprüft werden auf der Arte-Website und am 7. Juli im
Fernsehen.
2 May 2017
## AUTOREN
Monika Dietl
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