# taz.de -- Fankultur Vor dem Nordderby gegen den HSV spricht die Bremer Fanbet… | |
Bild: Scheiß-HSV geht immer: Ein Bremer Fan bringt sich gegen Dortmund schon m… | |
Interview Moritz Förster | |
taz: Frau Düvelsdorf, vor den vergangenen beiden Derbys wurden Werder-Fans | |
auf dem Weg nach Hamburg von der Polizei abgefangen und nach Bremen | |
zurückgeschickt, weil Pyrotechnik und Sturmhauben an Bord waren. Haben Sie | |
Angst vor dem Nordderby? | |
Nein, wir arbeiten solche Vorfälle auf und versuchen, Lösungswege zu | |
finden. Solche polizeilichen Maßnahmen kann man erfahrungsgemäß nie | |
ausschließen. | |
Im Bremer Fanblock war es vor einem Jahr dann sehr still, nachdem ein Teil | |
der Ultras wieder nach Hause geschickt worden war . . . | |
Ja, es ist sehr schade, wenn gerade bei einem Derby Teile der Fanszene | |
nicht vor Ort sind. Sie fehlen der Mannschaft und uns im Support. | |
Müssten Sie Ihre Fans öffentlich noch stärker unterstützen? | |
Ich halte öffentliche Statements meistens nicht für zielführend. Oft wird | |
die Arbeit durch öffentliche Debatten sogar erschwert. Lieber arbeiten wir | |
solche Vorfälle intern offen und direkt der Fanszene gegenüber auf als über | |
die Medien. | |
Sie selbst saßen fünf Jahre lang auch als wissenschaftliche Referentin für | |
die SPD im Bundestag. Nun sitzen Sie als Fanbetreuerin sozusagen zwischen | |
allen Stühlen: Bezahlt vom Club, moderieren Sie zwischen Fans, Medien, | |
Polizei und Verein. Wie ähnlich ist Ihr heutiger Beruf als Fanbetreuerin im | |
Vergleich zu Ihrer politischen Zeit? | |
In der Tat ähneln sich die Arbeiten, wenn es auch unterschiedliche | |
Protagonisten gibt. Sowohl als Fanbetreuerin als auch in der Politik darf | |
man nicht schwarz-weiß denken und muss Graustufen berücksichtigen. In | |
meinem jetzigen Job arbeite ich allerdings noch stärker an der Basis. In | |
der Bundespolitik ist es schwieriger, diese Nähe aufzubauen. | |
Ein Dauerthema für Sie als Fanbetreuerin ist Pyrotechnik. | |
Pyrotechnik ist ein superschweres Thema. Wenn es für dieses Thema eine | |
Lösung gäbe, hätte die sich schon durchgesetzt. Aber es gibt leider | |
unüberbrückbare Positionen zwischen verschiedenen Fans, Verein und Polizei. | |
Grundsätzlich haben wir als Angestellte des Vereins dabei die Interessen | |
des Vereins zu vertreten. Auf der anderen Seite müssen wir als | |
Fanbeauftragte aber die Interessen der Fans im Verein vertreten, was in | |
diesem Fall Sisyphusarbeit ist. | |
Im vergangenen Sommer haben Ihnen Hooligans besondere Sorgen bereitet – es | |
wurde sogar ein Testspiel gegen Lazio abgesagt. Wie groß ist die Gefahr, | |
dass Rechtsextremismus in den Bundesliga-Stadien zunimmt? | |
Fußballstadien sind ein Abbild der Gesellschaft. Die Gefahr wird immer da | |
sein. Man muss immer sehr aufmerksam sein, dass die Szene nicht untergraben | |
wird. Wir treffen uns regelmäßig mit anderen Fanbeauftragten, um zu gucken, | |
wie die verschiedenen Standorte mit dem Thema umgehen. Eine Vernetzung ist | |
unerlässlich. | |
Laut einer Studie der Kompetenzgruppe Fankultur und Sport bezogene Soziale | |
Arbeit sind Ultragruppen noch immer von Männern dominiert. Sie selbst waren | |
in den 90ern als Fan im Weserstadion und sind jetzt als Frau beruflich in | |
leitender Position tätig. Ist der Fußball eine Macho-Welt? | |
Die Fanszene ist auf jeden Fall noch dominiert von Männlichkeit und | |
Mackertum. Ich kann aber für Bremen sagen, dass ich mich als Frau im | |
Fußball sehr wohlfühle. Wir haben überdurchschnittlich viele Frauen im | |
Stadion und in der Ultraszene. Mit einer Handvoll anderer Vereine sind wir | |
einer der Vorreiter, was dies angeht. Bei anderen Szenen kriegt man mit, | |
dass Frauen gar nicht erst Mitglied in Fangruppierungen sein und nicht zu | |
Spielen mitfahren dürfen. Ich glaube aber, es braucht noch ein bisschen, | |
bis Frauen sich als Fans ganz emanzipiert haben. | |
Hat sich den in den vergangen Jahren etwas geändert? | |
Ja, absolut. Im Stadion selbst sehe ich persönlich inzwischen sehr viele | |
Frauen. Viel mehr als in den 90ern. Sie besuchen auch unsere Trainingslager | |
oder das öffentliche Training. | |
Zurück zum Derby. Können Fans eigentlich etwas zum Sieg beitragen? | |
Bei uns hat man das am besten gesehen bei den Aktionen Mors hoch, Allez | |
Grün oder Green White Wonderwall. Es gibt manchmal einen Funken, der | |
überspringt. Es gibt aber auch Spiele, da schwappt nichts über. Ich weiß | |
immer noch nicht genau, welcher Regel dies folgt. Es ist wie ein Summen in | |
der Luft. Und dann wird die Mannschaft getragen. Oder manchmal auch | |
andersrum: Dann trägt die Mannschaft die Fans. | |
Und wie geht das Nordderby aus? | |
Ich wünsche mir einen Derbysieg. Ein 2:1 – und zwar bitte nicht zu | |
spannend. | |
15 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Moritz Förster | |
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