# taz.de -- Feuerwehr hat’s schwer | |
> Personalmangel Auf Berlins Wachen fehlen 1.300 Feuerwehrleute. Nun sollen | |
> 650 Beamte in andere Wachen zwangsversetzt werden | |
Bild: Vertrauen und Verlässlichkeit: wichtig für die Teams der Berliner Feuer… | |
von Christian Schlodder | |
Als am 21. Februar in den Feuerwehrwachen der Stadt zum Einzelgespräch | |
gebeten wurde, hatten viele bereits ein mulmiges Gefühl. Durch den Raum | |
geisterte ein Datum: der 10. April. Bis zu diesem Tag sollen berlinweit | |
etwa 650 von insgesamt knapp 4.000 Berliner Feuerwehrleute vor allem aus | |
dem Rettungsdienst auf andere Wachen verteilt werden. Der Unmut bei den | |
Betroffenen ist groß. Auf der Wache Friedrichshain kam es kurz nach den | |
Einzelgesprächen zu kollektiven Krankmeldungen als Protest gegen die | |
Versetzungen. | |
„Ein Wachgefüge baut sich oft über mehrere Jahre auf. Von daher kann ich | |
den Unmut verstehen. Das gilt auch für die Art der Benachrichtigung der | |
Kolleginnen und Kollegen. So ist allerdings die übliche Verfahrensweise. | |
Dass die im persönlichen Fall nicht immer schön ist, kann ich | |
nachvollziehen“, erklärt Sven Michaelis, Personalrat der Berliner | |
Feuerwehr. | |
Dass das vorhandene Personal nun nochmals neu über die Stadt verteilt | |
werden muss, hat mehrere Gründe. Einer davon ist das | |
Notfallsanitätergesetz, kurz NotSanG. Das sieht vor, dass bis zum Jahr 2020 | |
nur noch Notfallsanitäter mit eigener dreijähriger Ausbildung bei Einsätzen | |
eigenmächtig Patienten betreuen und versorgen dürfen. Bisher war dies auch | |
Rettungsassistenten möglich. Da es in Berlin allerdings zu wenige | |
Notfallsanitäter im Vergleich zu Rettungsassistenten gibt, wurde eine | |
Funktionsverteilung notwendig. Zudem zwingt die EU-Arbeitszeitrichtlinie, | |
die Arbeitszeiten über 48 Stunden in der Woche verbietet, personell | |
ausgedünnte Wachen zu verstärken. „Das bedeutet im Einzelfall auch, dass | |
jemand von Marzahn nach Zehlendorf muss“, sagt Michaelis. | |
## Eingespielte Teams | |
Die Stimmung vieler Feuerwehrleute ist folglich schlecht, und das nicht | |
nur, weil es Einzelne betrifft, sondern auch das von Michaelis angeführte | |
Wachgefüge. Auf manchen Wachen gibt es jahrelang eingespielte Teams, einige | |
sogar seit über 15 Jahren. „Die Feuerwehr ist so etwas wie ein zweites | |
Leben“, sagt einer der Betroffenen. „Das versteht man nur, wenn man Teil | |
dieses Lebens, dieser Familie ist.“ | |
Es geht um Vertrauen und Verlässlichkeit, die man nicht einfach mit | |
versetzen kann. Dem Senat sollte das nicht egal sein, sagen Betroffene. | |
Schließlich hängen mehr oder weniger direkt Menschenleben von solchen | |
Personalentscheidungen ab. Offizielle Beschwerden und Einsprüche habe es | |
bisher noch nicht gegeben, sagt Michaelis. Das kann sich aber durchaus | |
ändern. Denn einige Kollegen wissen noch nicht, wo sie ab dem 10. April | |
Dienst tun sollen. Einige hätten es vielleicht am liebsten gar nicht | |
erfahren. Vor allem die, die nun vom einem ans andere Ende der Stadt | |
versetzt wurden. | |
## Ein altes Problem | |
Das eigentliche Problem ist allerdings die dünne Personaldecke der | |
Feuerwehr selbst, die dem Senat seit einiger Zeit bekannt ist – und auf die | |
er bisher so gut wie gar nicht reagierte. Bereits im vergangenen November | |
gab es einen Protest vor dem Sitz des Innensenators. Schon damals war klar, | |
dass es an Personal fehlt. 600 zusätzliche Beschäftigte war eine der | |
Forderungen damals. Michaelis schätzt den akuten Bedarf auf etwa 1.300 | |
Stellen. „Auf die ganze Stadt gerechnet, haben wir einen Personalmangel von | |
10 Prozent, der nun gleichmäßig über die einzelnen Wachen verteilt werden | |
soll.“ | |
Ein Gutachten im Auftrag des Senats hatte ergeben, dass allein knapp 250 | |
Mitarbeiter und neun Notarztwagen im Rettungsdienst fehlen. Eine | |
„Dienstkräfteanmeldung“, wie es im trockenen Amtsdeutsch heißt, hat es | |
bereits gegeben – bisher allerdings ohne Ergebnis. Dabei blickt Berlin auf | |
einen Haushaltsüberschuss von über 1,2 Milliarden Euro im vergangenen Jahr | |
zurück. | |
4 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Christian Schlodder | |
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