# taz.de -- Schluss mit lesbisch im SchwuZ | |
> FEIERN Nach über zehn Jahren verliert der queere Club SchwuZ mit der | |
> L-Tunes seine einzige Party speziell für Lesben. Die ziehtnun weiter. Der | |
> Partyname und die Musik bleiben, aber die künftigen Veranstaltungsorte | |
> sollen einen Außenbereich haben | |
Bild: So sah die letzte L-Tunes-Party im SchwuZ aus: Es wurde gefeiert. Und es … | |
von Klaas-Wilhelm Brandenburg | |
Eine lange Menschenschlange steht vor der Rollbergstraße 26 in Neukölln, es | |
ist Samstagnacht, kurz nach zwei. Drinnen geht das Warten an der Garderobe | |
weiter, Chartmusik dröhnt aus den Boxen. Die Szenerie ist nicht | |
ungewöhnlich für diesen Ort, diesen Tag und diese Zeit, aber etwas ist | |
anders: Während sonst vor allem Männer vor dem SchwuZ warten, das seit mehr | |
als drei Jahren in der Rollbergstraße zu Hause ist, sind es diesmal fast | |
nur Frauen. Sie wollen zur L-Tunes, der einzigen Party im SchwuZ speziell | |
für Lesben – und das zum letzten Mal. | |
Für viele ist gerade das der Grund, sich in die Schlange einzureihen: „Da | |
muss man doch unbedingt dabei sein“, sagt Manu. Die 46-Jährige kam aber | |
vorher schon gerne: „Weil viele interessante Frauen hier sind und die Musik | |
abwechslungsreich ist.“ Manche sind für den besonderen Abend das erste Mal | |
seit Langem wiedergekommen: „Das letzte Mal, dass ich auf der L-Tunes war, | |
ist bestimmt zehn Jahre her“, sagt die 53-jährige Beate. | |
Der letzte Freitag im Monat war im SchwuZ traditionell der Tag der L-Tunes | |
– aber das ist nun vorbei. „Mir ist der Abschied vom SchwuZ nicht | |
leichtgefallen“, gibt Angela Schmerfeld zu. Die 51-Jährige ist der Kopf | |
hinter der Partyreihe. „Aber manchmal muss man einfach einen Neustart | |
wagen, sich losreißen und liebgewonnene Routinen hinter sich lassen.“ | |
Schon seit 1999 macht Schmerfeld Lesbenpartys im SchwuZ, damals noch unter | |
dem Namen Subterra. Sieben Jahre später, 2006, bekam die Partyreihe ihren | |
heutigen Namen: L-Tunes. Jetzt ist Schluss mit SchwuZ: Am 22. April – | |
ausnahmsweise einem Samstag – wird das erste Mal im Spindler und Klatt | |
gefeiert, einem Schickimicki-Club an der Spree. In den Monaten danach | |
sollen verschiedene weitere Locations Heimat für die Lesbenparty sein. | |
Welche genau, will Angela Schmerfeld noch nicht verraten: „für die | |
Überraschung!“ | |
Was alle zukünftigen Veranstaltungsorte verbindet: ein Außenbereich – und | |
damit etwas, was das SchwuZ nicht bietet. „Ich wollte einen stärkeren | |
Schwerpunkt auf die Lounge-Bereiche legen, wo sich die Gäste zurücklehnen, | |
miteinander unterhalten oder flirten können“, so Schmerfeld. „Ich will auch | |
älteren Lesben mehr Raum und mehr für ihre Bedürfnisse bieten.“ Trotz der | |
vielen Veränderungen: der Name L-Tunes und die Musik – ein Floor House, ein | |
Floor „wilde Mischung“, wie es Schmerfeld nennt – bleiben. | |
Das SchwuZ bedauert den Verlust seiner einzigen Lesben-Party: „Wenn es nach | |
uns ginge, würde es die L-Tunes auch weiterhin im SchwuZ geben“, sagt | |
Marcel Weber, Geschäftsführer des Clubs. „Aber wir müssen natürlich | |
Entscheidungen akzeptieren.“ | |
Eine neue Party speziell für Lesben, die die L-Tunes ersetzt, gibt es noch | |
nicht: „Wir sind noch in der Planungs- und Überlegungsphase“, so Weber. Er | |
verweist auf andere Partyreihen wie die Tasty oder die Hot Topic, die einen | |
queerfeministischen Fokus hätten und regelmäßig im SchwuZ stattfinden. „Und | |
natürlich sind Lesben auch sonst grundsätzlich Bestandteil jeder | |
Veranstaltung.“ | |
Ein Statement, das viele lesbische Frauen kaum trösten dürfte – sind die | |
Männer doch sonst im SchwuZ deutlich in der Mehrheit. Und während schwule | |
Männer jedes Wochenende problemlos auf Partys speziell für sie feiern | |
können und oft sogar zwischen mehreren konkurrierenden Veranstaltungen | |
wählen können, sieht das bei Lesben deutlich anders aus. | |
Außer der L-Tunes gibt es für Frauen, die Frauen lieben, gerade einmal drei | |
weitere Partyreihen, die monatlich, alle zwei Monate oder noch seltener zum | |
Tanzen einladen. Bis vor Kurzem war es eine mehr: Am 11. März stieg die | |
allerletzte „Mint“-Klubnacht, die sich nicht ausschließlich, aber vor allem | |
an lesbische Frauen richtete und sich die Förderung von Frauen in der | |
DJ-Szene auf die Fahnen geschrieben hatte. „Wir fühlen, dass es Zeit ist, | |
sich auf unsere eigenen Karrieren zu konzentrieren und den Geist von Mint | |
weiterzuentwickeln“, so die Veranstalterinnen auf Facebook zum Ende der | |
Reihe. Einen Club, der sich speziell auf Lesben ausgerichtet hat, gibt es | |
erst gar nicht. | |
Allerdings ist nicht alles schlecht: erst am Samstag ist mit „Just L“ eine | |
neue lesbische Partyreihe gestartet, die im „Rio Grande“ unweit des | |
Schlesischen Tors und direkt am Spreeufer ihr Publikum finden will. Und | |
damit auf ein ähnliches Konzept setzt wie bald die L-Tunes. Kommt da bei | |
Angela Schmerfeld Angst vor Konkurrenz auf? „Ich tendiere immer zum | |
Kooperieren“, sagt die 51-Jährige diplomatisch. Für ihre Planung der | |
nächsten L-Tunes-Termine spreche sie sich – so weit das möglich sei – mit | |
anderen Veranstalterinnen ab, denn: „Idealerweise arbeiten wir alle | |
konstruktiv zusammen und machen dadurch die Partys noch viel größer und | |
schöner.“ | |
Ob auch die L-Tunes nach dem Abschied vom SchwuZ noch größer wird? Die | |
31-jährige Janine weiß noch nicht, was sie vom Umzug halten soll: „Kommt | |
auf die neue Location an – wenn sie mir gefällt, bin ich nicht so traurig.“ | |
Steffi, 39 Jahre alt, ist da positiver: „Ich find’s gut – der Laden hier | |
ist viel zu groß.“ Und die 18-jährige Hanna sieht es praktisch: „Auf jeden | |
Fall bin neugierig.“ Und mit einem Lachen ergänzt sie: „Wenn die Locations | |
immer wieder wechseln, kann man auch mal so ganz Berlin entdecken!“ | |
3 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Klaas-Wilhelm Brandenburg | |
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