# taz.de -- Eine Völlerei und eine der wichtigsten Frauen Berlins: Wie im Schl… | |
Ausgehen & Rumstehn | |
von Julika Bickel | |
Zwei Uhr mittags, auf einem Fabrikgelände draußen an der Spree in | |
Kreuzberg. Feierwütige zappeln zu Technosounds. Es riecht nach Gras. An | |
Ständen kann man Klamotten, Glühwein und Hotdogs kaufen. Zwischen den | |
tanzenden Mittdreißigern buddeln Kinder im Sand. Ein absurdes Bild, aber | |
die Idee ist dann doch gar nicht so abwegig, überlege ich. Man spart | |
schließlich Geld für die Babysitter, verbringt Zeit mit der Familie, und | |
alle haben Spaß. | |
Im Sage Beach fand am vergangenen Sonntag der Erste Berliner | |
Highnachtsmarkt statt. Der Altersdurchschnitt war etwas höher, als ich | |
erwartet hatte, nur wenige waren Mitte zwanzig. Bei einem Stand vom Salon | |
zur wilden Renate stehen zwei Glasbehälter mit einer mysteriösen gelben und | |
roten Flüssigkeit darin. Ein Mann mit Nikolausmütze und Sonnenbrille | |
erklärt: „Das ist ein Shot. Mit Alkohol.“ Mehr kann er dazu nicht sagen und | |
reicht mir einen goldenen Becher. Es schmeckt nach Grapefruit. | |
Mein Mittagessen ufert in eine Schlemmerei aus: Pierogi, polnische | |
Teigtaschen, ein Stück Kuchen und eine heiße Schokolade mit Schuss. Dann | |
entdecke ich Menschen in schillernden Kostümen und folge ihnen durch die | |
Menge. Eine trägt einen Karnevalshut, eine andere einen Dinosaurierschwanz. | |
Ein Mann mit Zylinder und Glitzer im Gesicht könnte direkt aus „Alice im | |
Wunderland“ entsprungen sein. Er winkt mich herbei. Gegen eine Spende für | |
das Sage Hospital, einem Kinderkrankenhaus im Senegal, kann ich das | |
Glücksrad drehen. Tatsächlich gewinne ich und darf mir am Vintage-Stand | |
etwas aussuchen. | |
Am Abend bin ich zu einer besonderen Geburtstagsparty eingeladen: Die | |
Veranstalterlegende Monika Döring wird 80 Jahre alt und will es so richtig | |
krachen lassen. In der Wochenendausgabe der taz erschien ein Porträt über | |
sie. Einige ihrer Gäste haben es gelesen. Kleines Malheur: Im Text wurde | |
die Party versehentlich für Samstag statt Sonntag angekündigt. | |
## Viel Lidschatten | |
18.30 Uhr, im Silver Wings im Flughafengebäude Tempelhof. Der | |
Rock-’n’-Roll-Club zählt zu den ältesten Clubs der Stadt. Monika Döring … | |
eine extravagante Erscheinung: Ein glänzendes Kostüm, viel Lidschatten, in | |
ihrem blonden Haarschopf sind bunte Strähnen eingeflochten. Sie begrüßt | |
mich herzlich, obwohl wir uns zum ersten Mal sehen, gibt mir ein Glas Sekt | |
und deutet zum Buffet. Es ist ein Angebot an Häppchen, wie ich es in dem | |
Ausmaß noch nie gesehen habe. Auf einem langen Tisch liegen belegte | |
Baguettes, Lachs und Zwiebelkuchen, zwischen Kerzenständern stehen mehrere | |
Etageres mit Hähnchenschenkeln, Erdbeeren, Kuchen und Schaumküssen. Wie im | |
Schlaraffenland. Wie wohl die meisten verfalle ich der Völlerei. | |
Auch hier sind am frühen Abend noch Kinder. Ein Mädchen schlägt Räder auf | |
der noch leeren Tanzfläche. Einige bekannte Persönlichkeiten der Musikszene | |
sind da, zum Beispiel der britische Labelbetreiber Mark Reeder, natürlich | |
wie immer in Uniform, und Dr. Motte, DJ und Mitbegründer der Love Parade, | |
der später auf der Party auch auflegt. Er erzählt mir, wie sie früher | |
zusammen im Club Dschungel gefeiert haben. Er findet: „Monika Döring ist | |
eine der wichtigsten Frauen Berlins.“ | |
Einer kam extra aus Amsterdam angereist. Isolde aus Stuttgart packt zwei | |
kleine Medizinfläschchen aus ihrer Tasche, die sie mit ihrem Mann auf Ex | |
trinkt. „Eine homöopathische Droge zum Tanzen“, erklärt sie. Viele | |
langjährige Freunde von Döring erzählen mir von den wilden Loftpartys, zum | |
Beispiel eine Dame, die als Kinderärztin arbeitet. Sie schwärmt, wie | |
professionell Döring ihre Partys organisiere. „Das ist Kunst“, sagt sie. | |
Ich stimme ihr zu: Monika Döring weiß, wie man feiert. Zeitweise sind über | |
350 Leute da. Namito Khalaj, ein bekannter DJ der Trance-Szene, legt auf. | |
Ein Joint wird herumgereicht. Schließlich kommt auch Döring auf die | |
Tanzfläche, hebt die Arme in die Luft und tanzt zu den elektronischen | |
Beats. | |
7 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Julika Bickel | |
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