# taz.de -- Was bisher geschah: Planwirtschaft in der Zukunft | |
Herrmann Zschoche, was für ein Original. Zur Eröffnung der Retrospektive | |
konnte man den früheren Defa-Regisseur vor wenigen Tagen als | |
rüstig-renitenten Ossi-Rentner erleben. | |
Gezeigt wurde sein 1972 auf 70-mm-Material gedrehter Science-Fiction-Film | |
„Eolomea“, eine herzige utopische Fantasie aus dem realsozialistischen | |
Deutschland. Auf die Frage eines Abgesandten vom New Yorker MoMa, ob der | |
DDR-Regisseur denn auch mit zeitgenössischer Science-Fiction etwas anfangen | |
könne, platzte ihm nur ein schnarrendes „Nein“ heraus. Und: „Wie oft denn | |
noch?“ Mit dem „Schannre“ habe er nichts am Hut, von Technik verstehe er | |
nichts, der Film stelle lediglich eine Ausnahme dar und seine Idee war er | |
sowieso gleich gar nicht gewesen. | |
Solch ungeschmeidige Gesprächspartner wünscht man sich häufiger auf den | |
Podien. Gute Voraussetzungen also für ein Wiedersehen in der Deutschen | |
Kinemathek, wo Zschoche am Mittwoch zu einer Talkrunde über | |
Science-Fiction in der DDR geladen war. Zum besten gab er dort die | |
Anekdote, wie die futuristischen Aluminiumbauten in „Eolomea“ zustande | |
kamen: Zwar stand für die Produktion ein beträchtliches Budget bereit. Doch | |
in der Planwirtschaft gab es dafür schlechterdings nichts zu kaufen. Viel | |
Schnaps und ein bunter Abend mit Facharbeitern brachten das nötige Material | |
dann aber doch zum Vorschein: Ein krimineller Akt an den Auflagen des | |
Plansolls vorbei, so Zschoche schmunzelnd. | |
Geschadet hat es dem Film nicht. Es sind solche Geschichten, die das | |
überschaubare DDR-Science-Fiction-Kino auszeichnen. Mit Filmen wie „Der | |
schweigende Stern“ (1959) und „Signale“ (1970) wollte sich die DDR auch a… | |
dem Gebiet avancierter Tricktechnik mit dem Klassenfeind messen. Die | |
US-Vorbilder kannte man genau, so der Kameramann und Filmtechnikhistoriker | |
Peter Badel. Doch in den Studios in Babelsberg wurde einfallsreich | |
improvisiert, merkte Filmemacher Stefan Kolditz an. „Science-Fiction“ | |
nannte man die Filme natürlich nicht, sie hießen „utopische Filme“, sagte | |
der Defa-Historiker Ralf Schenk. Eigen war ihnen der steil erhobene | |
Zeigefinger in Sachen sozialistischer Herzensbildung, wie Badel mit | |
sichtlichem Frust erzählte. | |
Für die Plots war das ein Problem: Denn Filme, die in der Zukunft spielen, | |
konnten ja wohl nur im kommunistischen Paradies spielen. Also ersann man | |
sich für die Konflikte kurzerhand überkommene Gesellschaftsformen im All, | |
an denen man sich reiben konnte. Getreu dem Retrospektiventitel „Future | |
Imperfect“ war eben auch die Zukunft in der DDR alles andere als perfekt. | |
Thomas Groh | |
17 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Thomas Groh | |
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