| # taz.de -- Das war die Woche in Berlin I: Die berühmt-berüchtigte Gelassenhe… | |
| > Anschlag Breitscheidplatz: Berliner reagierten mit Angst und Trauer, aber | |
| > auch mit Gleichgültigkeit – typisch Berlin eben. Ein Erklärungsversuch. | |
| Bild: Ein Kranz der Stadt Berlin am Breitscheidplatz (29. Dezember 2016) | |
| Der Breitscheidplatz ist für viele Berliner ein vertrauter Ort. Er ist | |
| einerseits Transitzone zwischen Ku’damm und Zoo. Andererseits ist dort | |
| einiges los: Straßenkünstler sitzen auf dem Platz, bieten Porträts und | |
| Karikaturen von bekannten Persönlichkeiten an, Touristen lassen sich | |
| zeichnen. Vor dem Weltkugelbrunnen – dem „Wasserklops“ – zeigen Tänzer… | |
| andere Kreative ihr Können, oft bildet sich eine große Menschentraube um | |
| sie herum. Zwei Schritte weiter, vor dem Europacenter, trinken Berliner und | |
| Besucher Kaffee, laufen hinüber zum Kino Zoopalast, besichtigen die | |
| Gedächtniskirche … | |
| So kenne ich den Breitscheidplatz seit meiner frühen Kindheit – wie viele | |
| meiner Bekannten bin ich in Charlottenburg aufgewachsen. In der Nacht des | |
| Anschlags klingelten bei uns die Telefone. „Alles in Ordnung?“, fragten | |
| Eltern und Freunde. Plötzlich war das, was Terror genannt wird, mitten in | |
| unter uns. „Ich bin kurz nach dem Anschlag auf der Tauentzienstraße | |
| gewesen“, erzählt eine Freundin; Schüler meines alten Gymnasiums waren zur | |
| Tatzeit am Kino. | |
| Doch trotz dieser unmittelbaren Nähe zum Anschlagsort ebbte die Aufregung | |
| unter meinen Bekannten schnell wieder ab. Nach den Pariser Anschlägen waren | |
| einige von ihnen bei der Französischen Botschaft, haben Blumen | |
| niedergelegt. Diesmal fährt niemand zur Gedächtniskirche. | |
| Es wundert mich nicht. Als Berlinerin finde ich: Es ist eine hiesige | |
| Eigenart, dass einem relativ vieles egal ist. Vielleicht auch | |
| islamistischer Terror. Diese Gleichgültigkeit ist nicht zu verwechseln mit | |
| Trauer, denn die gibt es natürlich: Viele Berliner sind betroffen, es sind | |
| Menschen gestorben und verletzt worden. | |
| ## Weder Angst, noch kollektive Verunsicherung | |
| Die meisten Leute, die ich kenne, hat der Anschlag aber weder in Angst | |
| versetzt, noch herrscht kollektive Verunsicherung. „Maximal unbeeindruckt“ | |
| nannte Spiegel Online letzte Woche die Stimmung in der Stadt. In anderen | |
| Medien war von der berühmt-berüchtigten „Berliner Gelassenheit“ die Rede. | |
| Ich finde, sie haben recht. | |
| Sicher, der ein oder andere Berliner wird nun bestimmt etwas bedachter | |
| durch die Stadt gehen. Vielleicht mehr nach links und rechts schauen, auf | |
| ungewöhnliche Geräusche achten. Aber die Angst den Alltag verändern lassen? | |
| Und plötzlich Menschenmassen meiden? Zumindest in meinen Bekanntenkreis | |
| wird das kaum jemand tun. | |
| Ein paar Tage nach dem Anschlag war meine Mutter auf einem Weihnachtsmarkt | |
| in Spandau – nein, sie habe „keine Angst“ gehabt. Und mein Großvater | |
| fürchtet sich immer noch mehr vor einem Aufstieg der Neuen Rechten als vor | |
| einem Terroranschlag. | |
| 31 Dec 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Leonie Schlick | |
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