# taz.de -- Rückblick auf „Fast Forward“ | |
> FESTIVAL Letztmals fand das europäische Festival für junge Regie am | |
> Staatstheater Braunschweig statt | |
Den Festivaltitel „Fast Forward“ hatte Regisseurin Davy Pieters aus | |
Amsterdam wohl wörtlich genommen. In „How did I die?“ wird das Mädchen mit | |
der 80er-Jahre-Tolle nicht nur einmal ermordet. Durch permanentes, fast | |
mechanisches Zurück- und Vorspulen weniger Szenen wie auf einem | |
Videorekorder wird der Mord in zig Varianten erzählt. Gerade in ihrer | |
Gestenhaftigkeit weist diese nichtlineare Erzählweise der Darstellenden auf | |
Vergangenes (Rewind) und auf potenzielle Zukunft (Fast Forward) hin. | |
Die sechste Ausgabe von „Fast Forward“ war die letzte in Braunschweig: | |
Intendant Joachim Klement wechselt nach Dresden und nimmt das von ihm | |
erfundene „europäische Festival für junge Regie“ mit ans dortige | |
Staatstheater: Pech für Braunschweig, wo das Publikum die unkonventionelle | |
Zeitlichkeit der niederländischen Inszenierung und die pantomimischen | |
Fertigkeiten der drei Darstellenden feierte. Obwohl sich die wiederholenden | |
Bilder schnell erschöpfen, hat Pieters am ersten Adventssonntag den | |
Publikumspreis gewonnen. | |
Eine hervorstechende Produktion war auch „Die süße Tyrannei des Ödipus“ … | |
Griechenland. Leider fiel die Sophokles-Adaption von Maria Protopappa eher | |
negativ dadurch auf, dass sie auf einer überdimensionierten Bühne, die mit | |
Fahrrädern, Bierkisten, Fernsehern vollgerümpelt ist, fünf Männer und eine | |
Frau jegliche Emotion in lauthalsem Zetern und Zerren ersticken lässt. | |
Bemerkenswert: Vier der acht Gastspiele beschäftigten sich explizit mit dem | |
Sterben, fast alle sind von gesellschaftlicher Relevanz – und gerade daran | |
scheitern manche. Die Performance „Like A Prayer“ der Schweizerin Corinne | |
Maier etwa bleibt in ihrer Auseinandersetzung mit Religion überraschend | |
weltfremd. Die Realität der sechs Nonnen, die auf der Leinwand gezeigt | |
werden, wird nicht in Bezug zum Bühnengeschehen gesetzt. Die Haltung der | |
PerformerInnen bleibt unklar, der Glaube der Schwestern wird voyeuristisch | |
ausgestellt. | |
Offizieller Preisträger des diesjährigen „Fast Forward“-Festivals ist der | |
Georgier Data Tavadze mit seinem Stück „Die Troerinnen“. Sein Ensemble von | |
fünf Frauen überzeugte die Jury, da diese „sich selbst und ihre Anliegen in | |
diesem Mythos wiedergefunden“ hätten. Tavadze, der die Tragödie von | |
Euripides mit Erzählungen von Kriegsüberlebenden aus dem Kaukasus | |
verschneidet, habe eine „eigene Lesart“ des antiken Textes gefunden. | |
Tatsächlich erweist sich seine Adaption als viel einfühlsamer als das | |
griechische Gastspiel. Selbst auf der unvorteilhaft großen und | |
ausgeleuchteten Probebühne des Großen Hauses in Braunschweig wird die | |
Einsamkeit, der ausdauernde Humor und der Schmerz der Kriegsfrauen | |
unmittelbar erfahrbar. Kornelius Friz | |
6 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Kornelius Luther | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |