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# taz.de -- Kolumne Helden der Bewegung: Gott der kleinen Dinge
> Er berührt den Ball nicht oft – aber wenn, „macht er die Kirsche rein“.
> Alex Meier ist ein Beispiel dafür, wie schön Pragmatismus sein kann.
Bild: Kann auch sauer: Eintracht Frankfurts Alex Meier
Konkret kann ich mich an kein Tor von Alex Meier erinnern. Ich habe eine
sehr klare Vorstellung davon, wie Tore von Alex Meier aussehen, aber ich
habe keinen Alex-Meier-Moment in meinem Hirn.
Es ist mehr eine allgemeine vage Vorstellung davon, wie ein solches Tor
auszusehen hat. Hineinbugsieren ist ein Wort, das ein Alex-Meier-Tor ganz
gut beschreibt. Das typische Alex-Meier-Tor geht so: sehr kurzer Antritt,
ein bis drei Ballkontakte, aus mittlerer Nahdistanz den Ball in die freie
Ecke hineingeschoben oder -geschlenzt, mit der Innenseite, mit dem rechten
Fuß, fertig. Oder, alternativ, die gechippte Flanke, ein kurzer Hupfer, ein
Nicken. Nichts, was spektakulär verfilmt werden könnte; Arthouse-Material,
wenn überhaupt.
Im Grunde ist Meiers Körper nicht für den Spitzensport gebaut. Er ist zu
schlacksig, zu groß, zu ungelenk; zu wenig explosiv. Wenn er stillsteht,
schiebt er seinen Kopf leicht nach vorn, und seine Arme hängen an ihm
herunter wie an einer Trauerweide. Und trotzdem liegt in seinen Bewegungen
eine Eleganz und Lässigkeit, die sich aus Pragmatismus speist. Es ist der
Glanz der Effizienz, dessen Grundlage hartes Handwerk ist. In Zeiten des
gläsernen Profis gibt Alex Meier dem Sport sein Geheimnis zurück, weil er
das, was neben dem Platz stattfindet, ausgeblendet lässt. Man hört oft,
dass Alex Meier ein Trainingsmonster ist, fleißig und fokussiert.
Selbst wenn man das weiß, sieht man das nicht in seinem Spiel. Es ist von
einer unaufdringlichen Selbstverständlichkeit, und wenn man nicht genau
hinschaut, zweifelt man, ob es denn überhaupt stattfindet. Regelmäßig hat
Meier unter 40 Ballkontakte pro Spiel, die meisten Balljungen kommen auf
bessere Werte. Er ist knapp zwei Meter groß und trotzdem kaum zu sehen.
Aber aus den paar Aktionen, bei denen er sich präsent zeigt, trifft er
regelmäßig zweistellig pro Saison; oft genug ist er der Scheitelstein der
Frankfurter Angriffe, der Punkt, an dem ihre Offensivkonstruktion zur Ruhe
kommt. In den Worten Thomas Schaafs: „Meier macht die Kirsche rein.“ So
einfach klingt, was so schön sein kann.
Alex Meier spricht, wenn er spricht, wenig. Er braucht nicht viele
Ballkontakte, und er braucht auch nicht viele Worte, um zu einer Pointe zu
kommen. Führt der Kicker ein Interview mit ihm, sind die Antworten kürzer
als die Fragen. Im Kicker! Der hat sich einmal nach seinen Hobbys erkundigt
(„Angeln? Darts? Golf?“), und Alex Meier sagte: „Ich mache gerne
Mittagsschläfe.“ Der FAZ antwortete er auf die Frage, ob er nach einer
intensiven Vorbereitung nun fit genug sei, einen Marathon zu laufen:
Wahrscheinlich ja, es käme halt auf die Zeit an, aber wozu überhaupt einen
Marathon laufen?
Im Januar wird er 34 Jahre alt, bisher ist er noch jede Saison ein bisschen
besser geworden. In Frankfurt nennen sie ihn einen Fußballgott, und das ist
er: ein Gott der kleinen Dinge. Alex Meiers Wappenspruch, hätte er denn
einen, müsste so lauten: Ich steh nicht gern im Vordergrund, ich zieh mich
lieber in den Mittelpunkt zurück. Da steht er wohl, der Alex Meier, da
gehört er auch hin.
20 Nov 2016
## AUTOREN
Frederic Valin
## TAGS
Fußball-Bundesliga
Eintracht Frankfurt
Hamburger SV
VfB Stuttgart
Fußball
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