# taz.de -- Kandidatinnenkür bei der SPD in Hamburg-Nord: Am Ende einer Schlam… | |
> Nach heftigen innerparteilichen Auseinandersetzungen verliert Maximilian | |
> Schommartz gegen die Parteisoldatin Dorothee Martin den Kampf um die | |
> SPD-Bundestagskandidatur in Hamburg-Nord. | |
Bild: Mit dem Kauf des Schanzenhofs hat er sich keine Freunde gemacht: Anti-Sch… | |
HAMBURG taz | Zwei Lager: Hier die Vertreterin des Partei-Establishments | |
mit großer Erfahrung, dort der politisch eher unerfahrene Bauunternehmer, | |
dem selbst seine Parteifreunde einen rüden Wahlkampf vorwerfen. Nein, es | |
geht nicht wieder um den US-amerikanischen Wahlkampf. Dieser Kampf findet | |
in Hamburgs Norden statt. Dorothee Martin und Maximilian Schommartz heißen | |
die KontrahentInnen, die sich am Samstag in der Hamburger SPD-Zentrale | |
gegenüberstehen. Hier geht es um die Direktkandidatur für die SPD bei der | |
Bundestagswahl im Wahlbezirk Nord.“ | |
Und trotzdem gibt es Parallelen: Melanie Leonhard, Hamburger | |
Sozialsenatorin und Vize-Parteichefin. hat Schommartz via Bild-Zeitung das | |
Etikett verpasst, er sei ein „Wahlkämpfer à la Trump“. Aus Schommartz | |
Umfeld sollen seit Wochen Gerüchte gestreut worden sein, Martin habe bei | |
der Angabe ihres Wohnsitzes getrickst,um als Kandidatin infrage zu kommen. | |
Von sehr persönlichem Mobbing und anonymen Schreiben an Martins Arbeitgeber | |
ist die Rede. Doch auch Schommartz wurde von seinen Parteifreunden nicht | |
mit Samthandschuhen angefasst. Sein Problem ist der im Szene-Viertel | |
Sternschanze gelegene Schanzenhof, ein ehemaliges Alternativhotel und | |
sozialdemokratisches Vorzeigeprojekt. Vor drei Jahren kaufte Schommartz den | |
Komplex, erhöhte die Mieten kräftig, vertrieb damit den Schanzenstern und | |
die Drogenhilfeeinrichtung „Palette“ gleich mit, auch dem hier ansässigen | |
kommunalen Kino machte er das Leben schwer. Es gab Anti-Schommartz-Demos | |
und brennende Barrikaden. Noch in der Wahlversammlung bezeichnen | |
Schommartz-Gegner den 32jährigen hinter vorgehaltener Hand als | |
„Spekulanten“ und gar als „Heuschrecke“. Vor der SPD-Zentrale, in dem d… | |
Wahlversammlung stattfindet, verteilen Stadtteilaktivistinnen Flugblätter, | |
in denen Schommartz zudem als „Arbeitsplatzvernichter“und | |
Existenzzerstörer“ tituliert wird. Seine Unterstützer hingegen sehen in ihm | |
einen besonders sozialen Unternehmer, der bei seinen Bauprojekten stets mit | |
sozialen Trägern eng zusammenarbeite. | |
Und so ist auf der Wahlversammlung, auf der die Entscheidung zwischen | |
Martin und Schommartz fallen soll, immer wieder von einer„Schlammschlacht“ | |
die Rede, wie sie „innerhalb der Hamburger SPD beispiellos“ sei. Immer | |
wieder ist zudem – als sei die SPD eine Selbsterfahrungs-Gruppe – von | |
„tiefen Verletzungen“ der KandidatInnen die Rede, aber auch von „tiefen | |
Gräben, die nun zugeschüttet werden“ müssten. | |
Das gelingt auf dieser Wahlversammlung nicht mehr: In seiner Kandidatenrede | |
greift Schommartz erst einmal Sozialsenatorin Leonhard direkt an, auch wenn | |
er ihren Namen nicht nennt: „Ich hätte mir nicht träumen lassen via | |
Bild-Zeitung von einem Mitglied der Parteiführung denunziert und mit Trump | |
verglichen zu werden – einem Hetzer und Rassísten, der all unsere Werte mit | |
Füßen tritt“. Schommartz, der zudem deutlich besser frisiert ist als der | |
zukünftige Präsident, gelingt eine gute Rede –nur am falschen Ort. Nicht | |
unintelligent mäandert er über Strategien gegen rechten Populismus à la | |
Trump und AFD. Eine brauchbare Parteitagsrede, die als | |
Kandidatenvorstellung aber am Thema vorbei geht. Doch wie soll einer 20 | |
Minuten mit biographischen Highlights füllen, wenn er die | |
sozialdemokratische Ochsentour durch lokale und kommunale Gremien nie | |
absolviert hat? | |
Martin gelingt das ohne Probleme, auch wenn ihre Ansprache | |
keineGlanzlichter setzt. Doch als sich die beiden Kreisvorsitzenden | |
vonWandsbek und Nord, SPD-Fraktionschef Andreas Dressel und Finanzsenator | |
Peter Tschentscher für die 38-jährige aussprechen,ist die | |
KandidatInnenschlacht geschlagen. | |
Ihren Humor entdecken die SozialdemokratInnen an diesem SamstagNachmittag | |
erst spät. „Ich bin der Martin für die Martin“, gibt der Delegierte Martin | |
C. in der Aussprache ein Wortspiel zum Besten,von dem er hinterher zugibt, | |
ein halbes Leben auf die Gelegenheit gewartet zu haben, es vor Publikum zu | |
platzieren. Und nachdem viele Deligierte Dorothee Martin auch deswegen in | |
den Wahlkampf schicken wollen, weil sie eben weiblich ist und damit die | |
KandidatInnenquote aufbessert, beschäftigen sich mehrere Delegierte in | |
ihren Reden schließlich sehr sehr ernsthaft und mit sehr unterschiedlichen | |
Resultaten mit der Frage, mit wem von den beiden würden wir denn antreten, | |
„wenn Max eine Frau wäre?“ | |
Ist Max aber nicht. Und so ist am Ende das Ergebnis klar. 39 Delegierte | |
geben Martin ihre Stimme. Nur 22 Schommartz. Ob das für ein Berlin-Ticket | |
reicht, aber bleibt fraglich. Vor vier Jahren holte die CDU den Wahlkreis | |
Hamburg -Nord und mit der profilierten Wirtschaftspolitikerin Anja Hajduk | |
haben die Grünen in dem Bezirk zudem eine Direkt-Kandidatin, die Martin | |
einige Stimmen klauen dürfte. | |
20 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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Spekulanten | |
SPD Hamburg | |
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