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# taz.de -- Ex-Football-Profi über Kopfverletzungen: „Mache mir Sorgen um me…
> Der ehemalige Football-Profi Patrick Venzke erzählte in einer Berliner
> Klinik, wie sehr er bis heute unter nicht auskurierten
> Gehirnerschütterungen leidet.
Bild: Patrick Venzke (l.) im vollen Einsatz (Archivbild aus dem Jahr 2004)
Patrick Venzke ist extra aus Moscow, Idaho, nach Berlin gereist, um bei der
vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft initiierten Studie
„Schädel-Hirn-Verletzungen im deutschen Spitzensport“ dabei zu sein. Der
ehemalige Profi in der National Football League will dazu beitragen, dass
auch in Deutschland „Concussions“, also Gehirnerschütterungen ernst
genommen werden, egal ob es um Eishockeyspieler, Fußballer, Basketballer
oder Rugbyspieler geht.
taz: Herr Venzke, warum ist das Thema wichtig?
Patrick Venzke: Wenn man eine an den Kopf bekommt, ist das eine ernste
Sache. Das darf man nicht herunterspielen. Ich habe bei diesem Thema ein
Überlebensinteresse. Ich mache mir Sorgen um mein Leben.
Als Footballspieler ist es unvermeidlich, Schläge auf den Kopf zu bekommen.
Die Folgen wurden in dem Hollywood-Streifen „Concussion“ (deutsche Fassung:
„Erschütternde Wahrheit“) dokumentiert: Aggressionsschübe, Suizidversuche,
Verlust des Gedächtnisses und der Persönlichkeit.
Den Film habe ich mit meiner Frau 20 Minuten angeschaut. Dann hat sie
gesagt: Den brauche ich mir nicht weiter angucken. Das, was ich da sehe,
habe ich jeden Tag zu Hause. Auch ich habe Suizidgedanken, wenn ich den
Stress und die Schmerzen nicht mehr ertragen kann. Im Vergleich zu früher
bin ich ein anderer Mensch, zu 10 Prozent bin ich der Football-Assi, der
manchmal ausklinkt. Ich habe im Lauf der Zeit vieles revidieren müssen.
2005 habe ich zum Beispiel ein Manifest verfasst. Darin hieß es: Nur wenn
man dich mit einem Krankenwagen abholt, ist es eine Verletzung. Aber das
ist natürlich Quatsch. Wenn man eine schwere Gehirnerschütterung hat, dann
muss man zwei, drei Wochen Pause machen, um das Gehirn zu heilen.
Bereuen Sie es, Footballprofi geworden zu sein.
Die Qualität meines Lebens ist so beeinträchtigt, dass ich Zweifel habe, ob
der Weg richtig war.
Können Sie sich noch Football-Spiele anschauen?
Ich liebe den Sport, das Taktisch-Strategische. Das ist eine der besten
Sportarten der Welt, aber meine Kinder sollen da nicht reinknallen, weil es
bei mir genug geknallt hat. Bei den großen Kollisionen, die die Zuschauer
so geil finden, da wird mir schlecht, weil ich weiß, was dieser „Impact“
mit dem Gehirn der Spieler macht. Aber selbst wenn sie angeschlagen sind,
spielen sie weiter, weil der Druck so enorm ist. Sobald du nicht mehr
kannst oder Schwäche zeigst, wirst du ausgewechselt. Dann bist du raus, und
ein anderer ist drin.
Was muss sich tun?
Als Spieler muss ich das Recht haben zu sagen: Ich kann nicht mehr. Der
Spieler muss rausgenommen werden zu seinem Selbstschutz. Das gibt es
zurzeit nicht in der NFL. Es ist aber trotzdem viel passiert, weil die NFL
etwas tun musste gegen das Negativimage.
Sie haben 2011 aufgehört mit Football. Ging es Ihnen damals schon nicht
gut?
Da ging es noch, aber in den letzten zwei, drei Jahren ist es immer
schlechter geworden. Es ist manchmal bei mir wie bei Dr. Jekyll und Mister
Hyde. Früher bin ich alle 90 Tage abgedreht. Heute schon alle 30 Tage. Dann
bin ich so aggressiv, wie ich es einst auf dem Feld war. Normalerweise bin
ich nett, kompetent, sympathisch, aber in diesen Momenten überspült mich
eine Welle der Gewalt. Es ist schwer zu erklären, warum ich mich fünf Jahre
nach meinem letzten Spiel wie ein Vollassi gegenüber meiner Familie
verhalte. Das ist mir peinlich. Deswegen bin ich in Berlin und kläre auf,
wozu nicht behandelte Concussions bei Sportlern führen können.
14 Oct 2016
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
American Football
Fußball
Baseball
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