# taz.de -- Pioniere der Vertragstheorie | |
> Wissenschaften Der Nobelpreis für Wirtschaft geht an zwei Ökonomen, die | |
> Beziehungen im Wirtschaftsleben erforschen. Was hat das Komitee dazu | |
> getrieben? | |
Bild: Einer von beiden: Bengt Holmström | |
von Rudolf Hickel | |
BREMEN taz | Der Nobelpreis für Ökonomie geht in diesem Jahr an den | |
US-Briten Oliver Hart von der Harvard University und den Finnen Bengt | |
Holmström vom Massachusetts Institute für Technology. Damit ehrt die | |
Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften die sogenannte | |
Vertragstheorie in der Wirtschaftswissenschaft. | |
Dabei geht es um die „Principal Agent Theory“. Wenn der Prinzipal | |
(Auftraggeber) einen Auftrag erteilt, dann ist noch lange nicht gewiss, ob | |
der Beauftragte auch die Hoffnungen erfüllt. Oft wird dieser versuchen, das | |
Beste für sich selbst herauszuholen und seinen Informationsvorsprung | |
auszunutzen. | |
Dazu zwei Beispiele: In einer Aktiengesellschaft vertritt der Aufsichtsrat | |
die Aktionäre und schließt einen Vertrag mit dem Vorstand, der dann das | |
eigentliche Management der Firma übernimmt. Es ist jedoch höchst ungewiss, | |
ob der Vorstand das Interesse der Aktionäre (Shareholder) im Auge hat. Die | |
Manager könnten auch versuchen, durch kurzfristiges Denken ihre Gehälter in | |
die Höhe zu treiben. Die letzte Finanzkrise hat anschaulich vorgeführt, | |
dass Investmentbanker sogar illegale Praktiken verfolgten, um ihre Boni zu | |
erhöhen. | |
Ein weiteres Beispiel zeigt das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber | |
(Prinzipal) und dem Beschäftigten (Agent). Der Chef kann nicht vollständig | |
kontrollieren, ob sich die Arbeitnehmer auch tatsächlich mit ganzer Kraft | |
für die Firma einsetzen. Ein gewisses Misstrauen bleibt. | |
Die beiden Nobelpreisträger haben viele Ideen entwickelt, mit denen das | |
Dilemma zwischen dem Prinzipal und den Agenten ökonomisch rational lösbar | |
sein soll. Dennoch kann ihr Werk nicht als besonders innovativ gewertet | |
werden. Im Kern geht es mit der Vertragstheorie nur darum, die peinliche | |
Ausblendung von (Fehl-)Verhalten zwischen Auftraggeber und -nehmer in den | |
neoklassischen Entscheidungsmodellen zur Theorie der Arbeitsmärkte und | |
Unternehmensverfassungen zu beenden. Dazu gehört auch die Ausschaltung | |
moralischen Fehlverhaltens. | |
Dennoch fehlen noch immer wichtige Themen: So ist längst bekannt, dass die | |
Arbeitsbedingungen darüber entscheiden, ob sich Beschäftigte für ihre | |
Firmen einsetzen. Dazu gehört etwa der Führungsstil der Vorgesetzten. Auch | |
hat sich gezeigt, dass Boni eher kontraproduktiv sind. Diese empirischen | |
sozialpsychologischen Untersuchungen spielen in der Ökonomie jedoch keine | |
Rolle. Auch die betriebliche Mitbestimmung kommt bei den beiden | |
Nobelpreisträgern nicht vor, obwohl sie die Motivation der Arbeitnehmer und | |
damit die Effizienz der firmeninternen „Verträge“ deutlich erhöhen. | |
Meinung + Diskussion | |
11 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Hickel | |
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