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# taz.de -- Betriebsversammlung bei Kaiser's: „Da geht’s jetzt um unser Leb…
> Rund 2.500 Kaiser’s-Mitarbeiter der bedrohten Kette treffen sich in
> Neukölln zu einer Betriebsversammlung. Sie können aufatmen: Die Kette ist
> wohl gerettet.
Bild: Sie kämpfen: TeilnehmerInnen der Betriebsversammlung am Donnerstag
Das Gedränge vor dem Estrel-Hotel ist groß an diesem Donnerstagmorgen. Aus
jedem Linienbus, der vor dem pompösen Gebäude hält, steigen Dutzende
Kaiser’s-Mitarbeiter. Manche haben Schilder dabei: „Wir sind das
Gemeinwohl“ steht darauf. Oder: „Wir kämpfen bis zum Schluss.“ Rund 2.500
Menschen kommen zur Betriebsversammlung in den Neuköllner Norden. Man
scherzt miteinander, nimmt sich in den Arm. In der Luft steht
Zigarettenrauch.
Neben einem Aschenbecher steht eine Frau und schimpft. „Zwei Jahre warten.
Ich kann diese ewigen Versammlungen bald nicht mehr sehen.“ Trotzdem sei es
wichtig, gerade jetzt ein Zeichen zu setzen, sagt sie und zeigt auf ihre
Fleece-Jacke. Über der Brust prangt die lachende Kaffeekanne, das Logo der
Supermarktkette. „Wir sind Kaiser’s. Wir müssen die Entscheidungen am Ende
ausbaden. Das wollen wir heute klar machen“, sagt sie und drückt ihre
Zigarette aus. „Ich muss rein. Da geht’s jetzt um unser Leben“.
Rund 5.600 Mitarbeiter hat der Einzelhandelskonzern Kaiser’s Tengelmann in
Berlin, etwa 16.000 sind es bundesweit. Seit Monaten ist ihre Zukunft
ungewiss. Denn das Unternehmen steckt in einer schweren Krise: 10 Millionen
Euro Verlust fuhr Kaiser’s Tengelmann im Geschäftsjahr 2015 monatlich ein.
Seit Jahren schreibt das Unternehmen rote Zahlen. Nun droht der
Supermarktkette die Zerschlagung. Denn Branchenprimus Edeka und Konkurrent
Rewe konnten sich bislang noch nicht über die Übernahme-Bedingungen
einigen. Sollten die Filialen unter den Konkurrenten aufgeteilt werden,
könnten in Berlin mehr als 2.500 Kaiser’s-Mitarbeiter ihre Jobs verlieren.
Um das zu verhindern, sind sie an diesem Donnerstag zusammengekommen. Auf
eine Leinwand in der Kongresshalle des Hotels wird das Kaiser’s-Logo
projiziert. Doch die Kaffeekanne lächelt hier nicht mehr, sie schaut nun
grimmig. „Wir werden kämpfen mit Rückgrat“, steht darunter.
Die Stimmung im Saal ist angespannt. Als der Betriebsratsvorsitzende Volker
Bohne die Absagen und Grußworte einiger Politiker vorliest, schallt
höhnisches Gelächter durch die Reihen. Manche pfeifen. „Dem Müller sind wir
doch eh egal“, raunt eine Frau zu ihrer Nachbarin.
Bohne liest seine sachliche Rede vom Blatt ab. Der Mann mit Pferdeschwanz
und Gewichtheberkreuz ist sichtlich nervös. Man müsse abwarten, sagt er.
Solange die Konfliktparteien noch miteinander reden, gebe es immerhin
Hoffnung. Erst am Ende hebt er seine Stimme. „Ich appelliere an euch:
Haltet zusammen, gebt nicht auf! Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“
Alle klatschen, auch Gerald Wasewicz. Er trägt seine Arbeitsmontur,
Blaumann, Sicherheitsschuhe. Seit 30 Jahren arbeitet er als Lagerist in
Marienfelde. „Wenn die Zerschlagung kommt, sind wir im Lager natürlich
erledigt. Das ist auch jedem hier bewusst“, sagt er. Mit vielen Kollegen
arbeitet er schon seit 20 Jahren zusammen. Oft sitzen sie abends noch beim
Feierabendbier, tauschen die neuesten Gerüchte aus, reden über die Angst,
die gerade jeder hat. Jetzt, wo es um alles geht, sei der Zusammenhalt so
groß wie nie. „Das ist auch was Schönes“, sagt er „Wir kämpfen alle bi…
Schluss“.
Der Kampf hat sich offenbar gelohnt. Am Donnerstagabend berichtete die
Nachrichtenagentur Reuters, dass Edeka die Kaiser's-Filialen übernehmen
wird.
6 Oct 2016
## AUTOREN
Robert Pausch
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