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# taz.de -- Eintracht Frankfurt in der Bundesliga: Das erste Reifezeugnis
> Der Frankfurter Generalumbau trägt schneller Früchte als gedacht. Trainer
> Niko Kovac und Manager Fredi Bobic haben gut gearbeitet.
Bild: Erstmal erfolgreich: Eintracht-Trainer Niko Kovac
Frankfurt/M. taz | Beinahe exakt 13 Jahre liegt eine von vielen Sinnkrisen
der alten Dame zurück. Mittendrin in der Debatte um einen schwachen
Saisonstart von Hertha BSC standen damals zwei Neuzugänge, die eigentlich
als Hoffnungsträger an die Spree gelotst wurden. Niko Kovac, gekommen vom
FC Bayern, und Fredi Bobic, geholt von Hannover 96.
„Wir brauchen Leute, die nicht so schnell weiche Knie bekommen“, hatte
zuvor Manager Dieter Hoeneß getönt und für Berlin „echte Typen“ geforder…
Dumm nur: Der Kämpfer Kovac spielte reihenweise die Bälle zum Gegner, der
Torjäger Bobic traf selbst das leere Tor nicht. Beide funktionierten nicht
in einem Klub, in dem es bald drunter und drüber gehen sollte.
Es mutet schon wie Ironie der Geschichte an, dass nun ausgerechnet ein
Heimspiel gegen Hertha BSC für die beiden 44-Jährigen dazu dient, ein
vorläufiges erstes Reifezeugnis in ihren neuen Betätigungsfeldern
abzulegen. Gelänge es Eintracht Frankfurt, die Berliner am Samstag in der
eigenen Arena zu bezwingen, könnten sich Cheftrainer und Sportvorstand
ruhig mal gegenseitig auf die Schulter klopfen. Zwölf Punkte aus fünf
Spielen – das wäre ein Traumstart. Und hätte einer gedacht, dass ein
Generalumbau so rasch Früchte trägt?
Selbst der ausgeschiedene Vorstandsboss Heribert Bruchhagen übermittelte
jüngst per Ferndiagnose vollste Anerkennung. „Es ist beeindruckend,
Heimspiele gegen Schalke und Leverkusen zu gewinnen, wenn man solch einen
Umbruch vornimmt.“ Kovac und Bobic wussten allerdings genau, was sie
sommers taten. Die Analyse nach dem nur über den nervenaufreibenden Umweg
der Relegation gelungenen Klassenerhalt förderte zutage, dass es
umfangreicher Aufräumarbeiten bedurfte.
Jünger, schneller, hungriger sollte das Team werden – und notgedrungen auch
internationaler, weil der deutsche Markt für die Hessen entweder abgegrast
oder unbezahlbar geworden war. Doch wie bitte bringen Jesus Vallejo,
Guilermo Varela oder Omar Mascarell einen Bundesligisten wirklich weiter?
Zudem griff, ob bewusst oder unbewusst, die Angst vor Überfremdung bei den
Adlerträgern um sich, als mit Stefan Aigner (zurück zu 1860) eine weitere
Identifikationsfigur ging und deutsche Akteure wie Marc Stendera
(Kreuzbandriss) oder Marco Russ (Krebsoperation) für die Hinrunde auf der
Ausfallliste standen.
## Laufstarke ältere Spieler
Die sportliche Leitung wusste, dass es neben harter Arbeit auf dem
Trainingsplatz vor allem auch schneller Erfolge bedurfte, um Bobic’
Einschätzung zu stützen: „Wir haben bei den Transfers viel Fantasie gezeigt
und gute Jungs dazugeholt.“ Und tatsächlich: Was beispielsweise der erst
19-jährige spanische Innenverteidiger Vallejo, Leihgabe von Real Madrid,
zuletzt zeigte, wirkte bemerkenswert reif. Mit den neuen Jungen
funktionieren auch die gebliebenen Alten: Szabolcs Huszti und Alexander
Meier, beide 33, gehörten jüngst zu den laufstärksten Spielern.
Wer sich indes die Startformation der Eintracht genauer anschaut, entdeckt
gar nicht so viel Revolution, wie immer nach außen getragen wird. Die
Stützen sind altbekannte Gesichter: hinten der finnische Rückhalt Lukas
Hradecky, davor der argentinische Abwehrsprinter David Abraham, als
Bindeglieder der japanische Fleißarbeiter Makoto Hasebe oder der ungarische
Unverwüstliche Huszti und ganz vorne – wie immer – der alterslose
Fußballgott Meier.
Dieses körperlich wie mental gestärkte Gerippe löst gerade in der
Rhein-Main-Region wieder eine solche Euphorie aus, dass Kovac und Bobic
schon die Bremse treten. Bloß keinen Übermut, mahnt der Coach. Wer an etwas
anderes als 40 Punkte denke, könne sich einen neuen Verein suchen, warnt
der Vorstand. Am Wichtigsten sollen vor allem die Lust und die Leidenschaft
bleiben, für das große Ganze an seine Leistungsgrenze zu gehen.
Das bedingt neben körperlicher Fitness vor allem die unbedingte
Bereitschaft, persönliche Befindlichkeiten hintenanzustellen. Was passiert,
wenn das nicht geschieht, haben Bobic und Kovac ja am eigenen Leib in jener
vermaledeiten Saison 2003/2004 erfahren, als ein selbst ernannter
Champions-League-Anwärter beinahe abgestiegen wäre.
24 Sep 2016
## AUTOREN
Frank Hellmann
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Fußball
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