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# taz.de -- DFB-Frauenteam in der EM-Qualifikation: Neuer Stil, gleiches Ziel
> Die neue Bundestrainerin der Fußball-Frauen, Steffi Jones, will einiges
> verändern. Nun steht das Pflichtspieldebüt in Russland an.
Bild: Steffi Jones beobachtet ihre Spielerinnen
Frankfurt/Moskau taz | Der Kontrast hätte größer kaum sein können. Als die
deutsche Frauen-Nationalmannschaft auf einem Sportplatz am Frankfurter
Stadtwald ihr letztes Training in der Heimat bestritt, da zeigte die
Quecksilbersäule am späten Nachmittag noch Temperaturen jenseits der
30-Grad-Marke an.
Steffi Jones rann der Schweiß in Sturzbächen über die Stirn, als sich die
neue Bundestrainerin während der Übungseinheit kurz für Selfies zur
Verfügung stellte. Doch als die DFB-Delegation dann einen Tag später in
Moskau landete, schwankte das Thermometer zwischen zehn und zwölf Grad. Ein
extremer Unterschied. Aber auch irgendwie das Sinnbild.
Denn wenn mit den Partien gegen Russland in Chimki an der nordwestlichen
Stadtgrenze der Millionenmetropole (Freitag 18 Uhr, ARD) und kommenden
Mittwoch gegen Ungarn in Györ (16 Uhr, ZDF) die EM-Qualifikation endet,
beginnt gleichzeitig eine neue Zeitrechnung: die der charismatischen
Frankfurterin, die nach 111 Länderspielen als Aktive, einer vielbeachteten
Rolle als OK-Präsidentin der Frauen-WM 2011 und dem Posten als
DFB-Direktorin Frauen- und Mädchenfußball nun den nächsten Schritt auf der
persönlichen Karriereleiter unternimmt.
Emotional sei ihr heutiger Einstand mit ihrem ersten Länderspiel 1993 zu
vergleichen, sagt die 43-Jährige: „Ich musste fünfmal aufs Klo, war
unheimlich aufgeregt und hatte Gänsehaut.“
## Europameister werden
Immerhin: Vorgängerin Silvia Neid hat ihr nicht nur die Goldmedaille aus
Rio de Janeiro, sondern auch bereits das Ticket für die EM-Endrunde im
nächsten Jahr in den Niederlanden hinterlassen. Ansonsten verdichtet sich
fast mit jedem Arbeitstag der Nachfolgerin der Eindruck: Beim Europameister
und Olympiasieger wird vieles, wenn nicht sogar fast alles anders, wohl
wissend, dass über das olympische Turnier hinweg wahrlich keine
fußballerische Offenbarung geboten wurde.
Nur die hohe Zielsetzung ist geblieben: „Wir wollen Europameister werden.
Diese hohen Erwartungen sind immer da, das ist unser Selbstanspruch.“
Der Weg dorthin – künftig ohne Korsettstangen wie Saskia Bartusiak, Annike
Krahn und Melanie Behringer, die nach Olympia aus dem DFB-Team zurücktraten
– wird ein anderer sein. Innovativer, kommunikativer. Und weitaus weniger
kompromisslos.
Das begann bei der Nominierung eines Kaders, bei dem viel Rücksicht auf die
Spitzenvereine FC Bayern und VfL Wolfsburg genommen wurde. Einige
Leistungsträgerinnen konnten zur Schonung zu Hause bleiben. Und auch die
langen Gespräche mit allen Vereinstrainern waren nicht unbedingt Markenkern
der letztlich erfolgreichen Neid-Epoche. Die Trainer-Novizin Jones will
erklären, überzeugen und übermitteln, um möglichst alle mitzunehmen. „Die
Spielerinnen sollen transparent erfahren, warum ich was mache.“
## Vom 4-2-3-1- zum 4-4-2-System
Die Spielvorbereitung auf Russland hat Jones ihrem männlichen Assistenten
Markus Högner überlassen. Den Part übernimmt vor der Partie gegen Ungarn
ihre zweite Helferin Verena Hagedorn. Högner sitzt dann auf der Bank neben
ihr, Hagedorn macht von der Tribüne die Halbzeitanalyse. Die Kapitänsbinde
geht vorerst an die Angreiferin Anja Mittag. „Sie hat sich das verdient.“
Die gerade zum VfL Wolfsburg gewechselte 31-Jährige sagt indes selbst von
sich, sie sei dauerhaft kein Typ für das Amt. Daher wird die eigentliche
Spielführerin erst im Oktober bestimmt.
Ganz nebenbei erfolgt auch eine Revolution des Spielsystems. Das starre
4-2-3-1-System, von den Gegnern der WM 2015 als zu stereotyp entlarvt,
kommt in die Mottenkiste. „Wir treten bereits in Russland in einem 4-4-2
mit Raute an“, erklärt Jones, die mit Linda Dallmann und Jaqueline Klasen
(SGS Essen) sowie Hasret Kayikci (SC Freiburg) interessante Neulinge
berufen hat. Letztere sei „eine Straßenfußballerin, mir gefällt ihre
Unbekümmertheit“.
Denn ihr Team soll grundsätzlich weitaus weniger ausrechenbar werden. Genau
wie Jogi Löw will auch Steffi Jones recht rasch die Dreierkette ins
taktische Repertoire aufnehmen. „Wenn der Gegner nur mit einer Spitze
spielt, warum sollen wir hinten zu viert verteidigen?“
16 Sep 2016
## AUTOREN
Frank Hellmann
## TAGS
Steffi Jones
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