# taz.de -- In Bio spitze | |
> Landwirtschaft Es ist die Nähe zu Berlin, die Brandenburgs Biobauern | |
> hilft. Brandenburgs Politik aber kümmert sich wenig um das Potenzial von | |
> Bio | |
Brandenburg gilt als strukturschwach – in Bezug auf die Biolandwirtschaft | |
kann davon aber keine Rede sein. Etwas mehr als 10 Prozent der | |
landwirtschaftlichen Fläche sind im Bundesland Ökofelder. Nur im Saarland | |
und in Hessen sind es mehr, diese Länder haben aber insgesamt auch deutlich | |
weniger landwirtschaftliche Anbaufläche als Brandenburg. Im | |
landwirtschaftlich bedeutsamsten Bundesland Bayern macht der Ökolandbau nur | |
knapp 7 Prozent aus. | |
Brandenburgs einzigartige Naturlandschaft mit elf Naturparks und drei | |
Biosphärenreservaten ist mit ein Grund für den vergleichsweisen hohen | |
Anteil an Biolandwirtschaft. Viel wichtiger aber ist die geografische Nähe | |
zum Absatzmarkt in Berlin. Der Umsatz von Bioprodukten im | |
Naturkostfachhandel in der Region Berlin-Brandenburg stieg vergangenes Jahr | |
um 10 Prozent und lag bei 400 Millionen Euro. | |
Berliner KundInnen von Bioprodukten legen dabei viel Wert auf die regionale | |
Herkunft und wollen möglichst konkret wissen, auf welchen Höfen und unter | |
welchen Bedingungen ihre Lebensmittel produziert werden. Der Anteil | |
regionaler Produkte ist daher mit etwa 15 Prozent im Biosortiment doppelt | |
so hoch wie im konventionellen Bereich. | |
Vor allem die wachsende Zahl der Biosupermärkte steigert den Absatz. Doch | |
auch das traditionelle Konzept der Abokiste, in der das Biogemüse direkt an | |
die Haushalte geliefert wird, ist weiterhin wichtig. Der Brodowiner | |
Ökokorb, der Lindenhofer Landkorb aus Rohrlack, die Märkische Kiste sowie | |
die Abokiste Apfeltraum knackten 2015 gemeinsam die Marke von 10 Millionen | |
Euro Jahresumsatz. | |
Seit Kurzem gibt es ein neues Konzept auf dem Biomarkt: die sogenannten | |
Food Assemblys, also Lebensmittelvereinigungen. Die beruhen auf der | |
direkten Vernetzung der VerbraucherInnen mit den ProduzentInnen durch | |
Onlinebestellungen – und funktionieren aufgrund der räumlichen Nähe | |
wiederum besonders gut in der Region Berlin-Brandenburg. | |
Mit dem wachsenden und dynamischen Absatzmarkt in Berlin sei das Potenzial | |
für die Biolandwirtschaft in Brandenburg groß, sagt Michael Wimmer von der | |
Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg, der die | |
Entwicklung seit 15 Jahren verfolgt. Tatsächlich wuchs die Zahl der | |
Biobetriebe seit der Auflösung der DDR-Produktionsgenossenschaften stetig: | |
Gab es im Jahr 1992 nur etwa 100 Biohöfe, waren es 2013 schon mehr als | |
1.000. Die Zahl konventioneller Betriebe dagegen ist rückläufig. | |
Allerdings wurde und wird, meint Wimmer, das wirtschaftliche Potenzial des | |
Ökolandbaus bei Weitem nicht genutzt. Schuld daran sei auch die | |
Landwirtschaftspolitik des Landes. In keinem anderen Bundesland sind die | |
Prämien pro Hektar für die Umstellung auf Ökolandbau derart niedrig. „In | |
Bezug darauf, aus wenig Fläche maximale Qualität zu produzieren, hat | |
Brandenburg lange den Schlaf der Gerechten geträumt.“ | |
Ein Beratungsring für Biobetriebe, 2000 als selbstständiger Verein | |
gegründet, sollte betriebsübergreifend zwischen dem, was KundInnen in | |
Berlin wünschen, und dem, was LandwirtInnen anbauen können, vermitteln. | |
„Leider hielt der damalige Abteilungsleiter des Ministeriums für | |
Landwirtschaft Bio für eine vorübergehende Modeerscheinung“, sagt Wimmer. | |
Der Beratungsring wurde politisch nicht länger gefördert. Seitdem klaffe | |
ein Loch in der Kommunikation zwischen der Nachfrage in Berlin und der | |
Produktion auf dem Land. | |
Eine Ausnahme bilde das Ökodorf Brodowin. Wimmer verweist auf die engen | |
Netzwerke mit Abnehmern in Berlin, die der Hof von Anfang an aufbaute: | |
Zugänge, die anderen Betrieben fehlen – wie auch die Sensibilität, die | |
Bedürfnisse der Berliner KundInnen zu erkennen. Lina Schwarz | |
4 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Lina Schwarz | |
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