# taz.de -- Lina Schwarz ist über die Arbeitslosen-Demonstration überrascht: … | |
Auf den Rücken der Menschen kleben Schilder ähnlich den Warnhinweisen auf | |
Zigarettenpackungen. Sätze wie „Couch statt Coach“ und „Mein Freund ist | |
Roboter“ stehen darauf. Unter den Teilnehmenden sind auch Vertreter von | |
„Die Partei“, die Käse- und Wurstschnittchen verteilen. Etwa drei | |
Polizisten begleiten den Demozug, die Beamten laufen an den Seiten mit. | |
Mehr scheinen nicht nötig, denn die Stimmung ist ausgelassen wie auf einer | |
Gartenparty mitten in der Stadt. Ganz anders als am „Tag der Arbeit“, an | |
dem auf der 1.-Mai-Demo 14.000 DemonstrantInnen Forderungen wie | |
Tarifverträge und Mindestlohn in den Vordergrund stellen. | |
Die familiäre Atmosphäre ist den Veranstaltern wichtig. „Wir sind keine | |
organisierte Initiative, sondern ein loser Zusammenschluss vieler | |
verschiedener Menschen“, sagt Ahne, der die Demo angemeldet hat. Er ist | |
einer der Lesebühnenkünstler, die den Internationalen Kampf- und Feiertag | |
der Arbeitslosen vor zwölf Jahren ins Leben riefen. Demonstriert wurde | |
damals wie heute gegen „den Zwang zur Lohnarbeit und gegen sinnlose | |
Produkte und Konsum“. Es sei wichtig für den Menschen, eine Tätigkeit | |
auszuüben, erklärt Ahne. Doch diese an Lohn und die Daseinsberechtigung des | |
Einzelnen in unserer Gesellschaft zu koppeln sei „totaler Schwachsinn“. | |
500 Leute laufen am Montagnachmittag vom Senefelder Platz zur | |
Kastanienallee, um diese Forderungen zu unterstützen. „Wer für Arbeit auf | |
die Straße geht, muss auch für den Feierabend demonstrieren“, erklärt ein | |
Demonstrant und fällt sogleich in den Ruf nach „Kein Schweiß für Geld“ e… | |
der aus dem Lautsprecher des Demo-Wagens tönt. | |
Generell seien die Interessen von Arbeitslosen kaum organisiert, meint | |
Britta Baumgarten, wissenschaftliche Mitarbeiterin vom Wissenschaftszentrum | |
Berlin, in einer Studie über die Initiativen von Erwerbslosen. Die Gruppe | |
sei zu heterogen, um Organisationspotenzial zu entwickeln, sagt sie. | |
Außerdem werde die Arbeitslosigkeit als individuelles Problem verstanden – | |
was die Bereitschaft, sich für übergreifende Interessen einzusetzen, an | |
sich schmälere. | |
Trotzdem hat es eine der Forderungen, für die die Demonstranten heute | |
protestieren, in den Fokus der Diskussion geschafft: das bedingungslose | |
Grundeinkommen. Ahne verweist darauf, dass damit jeder gut für das bezahlt | |
werde, was er tue, unabhängig von der gesellschaftlich definierten | |
Lohnarbeit. Und so könne jeder auch nächstes Jahr ohne Probleme wieder zur | |
Demo kommen. | |
3 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Lina Schwarz | |
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