| # taz.de -- In der Höhle von Postojna: Rutschig, dunkel, unterirdisch | |
| > Besucher können die berühmte Höhle von Postojna im slowenischen Karst | |
| > auch abseits der touristischen Wege erforschen. | |
| Bild: Ein Touristenmagnet in Slowenien: die Höhle von Postojna | |
| Das Licht wird schwächer. Die linke Hand tastet in die dunkle Leere. | |
| Irgendwo kommen die Felsen, irgendwo lauert der Schmerz. Die meisten von | |
| uns werden langsamer, vorsichtiger. Die kleine Flamme rückt mit jedem | |
| Schritt ein Stückchen weiter weg. „Wartet!“ Die anderen sind zu schnell. | |
| Der Kollege, der die Flamme auf seinem Helm trägt, setzt in ihrem | |
| Lichtkegel selbstsicher einen Fuß vor den anderen und merkt nicht, dass | |
| hinter ihm alles Schwarz wird. Man kann sich vorstellen, warum diese | |
| Expedition auch als Teambildungsmaßnahme von Firmen gebucht wird. | |
| Vor allem ist das unterirdische Abenteuer „Auf den Wegen von Luka Čeč“ ab… | |
| eine Möglichkeit, die Höhle von Postojna, das Herz des slowenischen | |
| Karstes, abseits der gewöhnlichen Touristenpfade zu erkunden. Jährlich | |
| werden 600.000 Menschen über den 5 Kilometer langen Besucherweg durch die | |
| Tropfsteinhöhle geschleust – wahlweise mit Audioführer, aber immer gut | |
| beleuchtet zu Fuß und mit der Höhlenbahn. Die Höhle ist die größte | |
| Touristenattraktion Sloweniens. | |
| Das mehr als 20 Kilometer lange Höhlensystem wurde 1818 in all seinem | |
| Ausmaß vom Einheimischen Luka Čeč entdeckt. Und wie er, sollen auch wir | |
| erst einmal im Dunkeln tappen. Nachdem wir den nichttouristischen Teil der | |
| Höhle über 317 Stufen in 64 Metern Tiefe betreten haben, lautet unsere | |
| erste Aufgabe: Licht machen. In Teamarbeit bringen wir die Karbidlampe zum | |
| Leuchten, doch ihr Schein reicht nicht für alle. | |
| Nach einigen Metern hat Höhlenführer und -forscher Janez Cantarutti Mitleid | |
| und reicht uns die Batterien für unsere Helmlampen: „Eure Aufgabe Nummer | |
| Zwei.“ Danach rutscht der Helm zwar durch das Gewicht der Batterien ständig | |
| nach hinten, aber immerhin hat nun jeder seinen eigenen Lichtkegel. | |
| In dem können wir plötzlich ein bauchhohes Geländer an einem Abhang sehen – | |
| dahinter das schwarze Nichts. „Wir müssen da runter. Wer will anfangen?“, | |
| fragt Cantarutti. Im Sicherheitsgurt fest verschnallt schwingt der erste | |
| seine Beine über das Geländer und seilt sich langsam ab. Im Schein seiner | |
| Helmlampe können wir unten einige Meter weiter einen Fluss erkennen. Dann | |
| verschwindet er in der Dunkelheit. Das Herz schlägt schneller, als sich der | |
| Sicherheitsgurt fest um die Oberschenkel und den Bauch schlingt. | |
| ## Stalaktiten und Stalagmiten | |
| Im eigenen Tempo seilen wir uns einer nach dem anderen ab, bis wir Steine | |
| unter unseren Füßen spüren. Da war der Versuch, in die Pflichtausrüstung | |
| Overall, Gummistiefel und Lampenhelm zu schlüpfen, fast die größere | |
| Herausforderung. Das wasserabweisende Material klebte an Kleidung und Haut | |
| und der knallrote Overall schien zum Zerreißen gespannt. Für gewöhnlich | |
| kommen die Touristen nach Postojna, um die unzählbar vielen Stalaktiten | |
| (hängen von der Decke herunter) und Stalagmiten (wachsen vom Boden empor) | |
| in den verschiedensten Farben und Formen zu bewundern. | |
| Seit 1883 ist die Höhle elektrisch beleuchtet. In mehr als 200 Jahren | |
| sollen schon fast 35 Millionen Besucher hier gewesen sein. Die Höhle gilt | |
| als eine der vielfältigsten Karsthöhlen der Welt und als größte Schauhöhle | |
| des klassischen Karsts in Europa. Auch Cantarutti hat mehrere Superlative | |
| für „seine“ Höhle: „Die größte Höhle in Slowenien“, „die größte | |
| touristische Höhle in Europa“, „die zweitgrößte der ganzen Welt“. | |
| Doch bevor wir die eindrucksvollen Tropfsteine und unterirdischen Hallen | |
| bewundern können, sollen wir die Erforschung der Höhle nachvollziehen. Da | |
| rutschige Wege, dunkle Gänge und unterirdische Flüsse die Forschung | |
| erschwerten, stehen wir nun vor dem nächsten Hindernis: Wasser. „Ihr müsst | |
| an der Leine ziehen“, ruft der Kollege von der anderen Seite des Flusses. | |
| Wir ziehen und das kleine Schlauchboot kommt immer weiter auf uns zu. | |
| ## Ein Höhlenbewohner | |
| Hinsetzen? Hocken? Wir entscheiden uns fürs Hocken und hangeln uns an einem | |
| an der Wand gespannten Seil entlang zur anderen Seite. Neben uns im Wasser | |
| schlängelt sich ein blasses Wesen an einem Stein entlang. Es ist das | |
| berühmteste Höhlentier, der sogenannte Grottenolm, ein blinder | |
| Schwanzlurch, der bis zu 30 Zentimeter groß und 100 Jahre alt werden kann. | |
| „Bei der nächsten Station wird es rutschig und dreckig“, warnt Cantarutti. | |
| Keine zwei Minuten später rutscht der Erste auf dem Schlammweg aus und | |
| landet auf dem Hintern. Endlich zahlt es sich aus, dass wir uns in den | |
| Overall gezwängt haben. | |
| Höhlenforscher Cantarutti zeigt nach oben: „Dort hinten seht ihr | |
| Tageslicht. Da müssen wir hin.“ Aber wie? Nirgends gibt es Halt. Der Boden | |
| ist matschig, die Wände sind rutschig. Nachdem die Ersten am steilen Hang | |
| scheitern, versuchen wir es mit einem Umweg. In großen Bögen kämpfen wir | |
| uns hinauf. Aus dem Matsch wird fester Lehmboden, aus Steinen werden Stufen | |
| und die Wasserflaschen, die zum Empfang darauf stehen, signalisieren uns, | |
| dass wir angekommen sind. | |
| Unser Höhlenführer hat aber noch eine ganz andere Belohnung: | |
| Selbstgebrannten von zu Hause. Als wir uns in den roten Overalls mit den | |
| Helmen unter unseren Armen zurück ins Tageslicht wagen, erinnert unser | |
| Anblick an eine Szene aus „Armageddon“, in der die Helden sich auf dem Weg | |
| zum Raumschiff machen, um die Welt zu retten. Wir fühlen uns tatsächlich | |
| ein bisschen heldenhaft. | |
| 16 Apr 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Laura Engels | |
| ## TAGS | |
| Reiseland Slowenien | |
| Höhle | |
| Höhle | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Erforschung von Höhlen: Zwei Wochen unter der Erde | |
| Enge Räume, Dunkelheit und Spinnen machen Špela Borko nichts aus. Die | |
| 32-jährige Biologin klettert in Höhlen hinab, um die dortige Fauna zu | |
| entdecken. |