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# taz.de -- Hannover punktet gegen THW Kiel: Ganz nah am Handball-Wunder
> Die TSV Hannover-Burgdorf holt gegen den sonst übermächtigen THW Kiel ein
> Unentschieden und könnte die Kieler damit die Meisterschaft kosten.
Bild: Hannovers Helden: Joakim Andrè Hyykerud steuert einen seiner fünf Treff…
HANNOVER taz | Der große Held tropfte noch ganz fürchterlich. An der
dunklen Jogginghose von Martin Ziemer war bis ins letzte Detail zu
erkennen, wohin ihm der Schweiß überall gelaufen war. „Auch in den
schwierigen Spielen: Man versucht immer, das Unmöglichste und Beste
herauszuholen“, sagte der Torwart der TSV Hannover-Burgdorf. Dass ihn noch
der Duft einer hart umkämpften Partie der Handball-Bundesliga umgab, war
Ziemer mitten in der Schar der Autogrammjäger ziemlich egal. Als
Außenseiter dem THW Kiel ein 30:30 (14:14) abzutrotzen, das ist eine große
Tat, die bundesweit Beachtung findet. Denn der hohe Favorit darf bei
vermeintlich mittelmäßigen Konkurrenten eigentlich nicht stolpern – und tat
es doch.
Die Chancen stehen nicht schlecht, dass dieser 26. von 34
Bundesliga-Spieltagen als Meilenstein in Erinnerung bleibt. Die Mehrheit
der 9.900 Zuschauer in Hannover war gekommen, um ein kleines Wunder
mitzuerleben. Was Ziemer und Co. bei der Punkteteilung vollbracht haben,
darf als solches bezeichnet werden. „Das war ein schwerer Schlag“, gestand
der Kieler Cheftrainer Alfred Gislason. Sein Team hat im Wettrennen um die
Meisterschaft im Duell mit den Rhein-Neckar Löwen wichtigen Boden verloren.
Weil es zu behäbig agiert und fast die gesamte Partie über zurückgelegen
hatte. Weil es einen ersatzgeschwächten Gastgeber zu spät ernst nahm. Und
weil ein Mann namens Ziemer im Schweiße seines Angesichts so mitreißend
glänzen konnte.
## Der THW hat eigentlich keine Gegner
Eigentlich, so glauben es Traditionalisten, hat der Branchenprimus Kiel auf
nationaler Ebene keine Gegner. An diesem Ostersonntag aber wurde das
Gegenteil bewiesen. Die TSV Hannover-Burgdorf war extra von ihrer
gemütlichen Halle am Maschsee in diese gigantische Arena auf dem früheren
Expo-Gelände umgezogen. Der Versuch, möglichst viel Geld und Ruhm
einzuheimsen, ist eindrucksvoll geglückt.
„Meine Mannschaft hat sich zerrissen“, befand Hannovers Trainer Jens
Bürkle. Sein Team zeigte sich am Ende sogar sauer darüber, nur einen Punkt
gewonnen zu haben. Der Sieg war, weil der Außenseiter ständig und zum Teil
mit vier Toren Vorsprung geführt hatte, tatsächlich zum Greifen nahe. Es
blieb auf Kieler Seite das Verdienst von Torjäger Christian Dissinger, der
elf Mal traf, und Schlussmann Niklas Landin, dass ein Remis entstand.
Trotz und Frust waren spürbar, als nach der Schlusssirene das passierte,
was den bezahlten Handball deutlich vom in Deutschland dominierenden
Profifußball unterscheidet: Die Fans hatten das Spielfeld behutsam
gestürmt, um sich Fotos und Autogramme von Männern zu sichern, mit denen
sich ganz normal sprechen lässt. Die Nähe, die die Sportart Handball
zwischen ihren Protagonisten und der Kundschaft zulässt, ist verblüffend
und entschuldigt so manches.
## Verpasste Titel sind nicht vorgesehen
Dass der THW Kiel nach dem Punktverlust über vermeintlich falsche
Schiedsrichterentscheidungen motzte, passt eigentlich nicht zu seinem
Status und seiner Größe. Aber so manche Unhöflichkeit, die sich THW-Trainer
Gislason nach dem Spiel erlaubte, lässt eben auch erahnen, unter welchem
Erfolgsdruck er beim Serienmeister steht.
Dass Kiel die Meisterschaft verpasst, ist in den saisonalen Planspielen das
20-fachen Titelträgers eher nicht vorgesehen. Aber der erfolgsverwöhnte THW
muss eben auch regelmäßig erleben, wie sich aufmüpfige Konkurrenz gegen ihn
ins Zeug legt, als gäbe es kein Morgen. Und am Ende sollte diese Sportart
im Fernduell mit König Fußball dankbar sein, wenn sie ohne einen alles
beherrschenden Krösus à la FC Bayern München auskommt.
28 Mar 2016
## AUTOREN
Christian Otto
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