# taz.de -- So schnell wie die Grünen sind die anderen nicht | |
> Baden-Württemberg Wer macht mit in der Regierung? Winfried Kretschmann | |
> möchte bald schon mit Sondierungen beginnen. Drei Koalitionen sind | |
> möglich, vier Parteien beteiligt. Aber CDU, SPD und die FDP wissen immer | |
> noch nicht recht, was sie wollen | |
Aus Stuttgart Tobias Schulze | |
In der Hand hat es Winfried Kretschmann nicht mehr. Der grüne Wahlsieger | |
schickte zwar schon am Montagvormittag die Einladungen zu | |
Sondierungsgesprächen für Mittwoch raus; ob er weiterregieren darf, hängt | |
jetzt aber von den anderen ab. | |
Drei Koalitionen sind möglich, vier Parteien beteiligt. Ob sie sich für | |
oder gegen die Grünen entscheiden, war am Montag noch völlig offen. Bei | |
CDU, SPD und FDP sind noch nicht mal die entscheidenden Personalfragen | |
geklärt. | |
Am einfachsten ist die Situation noch für die FDP, immerhin hat sie mit 8,3 | |
Prozent deutlich zugelegt. In der Koalitionsfrage sind sie sich aber nicht | |
einig. Landeschef Michael Theurer äußerte sich am Montag offen über eine | |
Ampelkoalition mit SPD und Grünen. „Wir sind gesprächsfähig mit allen | |
demokratischen Parteien außer der Alternative für Deutschland, das ist auch | |
eine Stilfrage“, sagte er. | |
Für die Ampel müsste er aber erst mal seinen erfolgreichen | |
Spitzenkandidaten Hans-Ulrich Rülke überzeugen – oder aus dem Weg räumen. | |
Rülke schloss ein Bündnis mit SPD und Grünen nämlich schon am Wahlabend | |
aus. Unterstützung bekam er am Montag aus Berlin von Parteichef Christian | |
Lindner. Dieser will im Jahr vor der Bundestagswahl offenbar den Eindruck | |
vermeiden, dass sich die FDP nach links öffne. | |
## Wer bei der SPD ist derrichtige Ansprechpartner? | |
Viel lieber wäre den Liberalen ein Bündnis mit CDU und SPD, für das noch | |
niemand ein schöneres Wort als „Schwampelkoalition“ gefunden hat. Da | |
müssten aber zunächst einmal die Sozialdemokraten mitmachen. | |
Wer ist dort in den nächsten fünf Jahren aber der richtige Ansprechpartner? | |
Mit Parteichef Nils Schmid holte die SPD am Sonntag gerade mal 12,7 Prozent | |
der Stimmen, in seinem Wahlkreis Reutlingen landete der Spitzenkandidat nur | |
auf Platz vier. Eigentlich ein Wunder, dass er vor den Gremiensitzungen von | |
Partei und Fraktion zu Wochenbeginn noch nicht hingeschmissen hatte. | |
Dass er oder ein möglicher Nachfolger die SPD in die Schwampelkoalition | |
führen, ist nicht sehr wahrscheinlich. In Parteispitze und Fraktion gibt es | |
zwar manche, die sich gerne von den Grünen lösen würden. Vereinbart ist | |
aber, dass am Ende die Basis über einen Koalitionsvertrag abstimmen darf. | |
Und verrät die SPD den im Volk so beliebten Wahlsieger Kretschmann, um den | |
so unbeliebten CDU-Mann Guido Wolf zum Ministerpräsidenten zu machen, | |
müsste sie bei der Bundestagswahl 2017 im Südwesten gar nicht erst | |
antreten. | |
Apropos Wolf: Dass der Spitzenkandidat der Union in seiner Partei noch | |
etwas zu sagen hat, ist nach seinem 27-Prozent-Ergebnis noch so ein Wunder | |
– für das es zwei Gründe gibt. Erstens hat ihm CDU-Landeschef Thomas Strobl | |
seinen Platz im Sondierungsteam bis Montagabend noch nicht abgesprochen. | |
Zweitens fehlt es der Landespartei an einer fähigen zweiten Reihe, die | |
putschen könnte. | |
## CDU-Modernisierer sind nicht mehr im Landtag | |
Wie bei den übrigen Parteien ist auch bei der CDU noch offen, auf welche | |
Koalitionsoption sie setzt. Einige in der Landesspitze können Grün-Schwarz | |
zwar etwas abgewinnen. Als Juniorpartner von Kretschmann, so das Kalkül, | |
könnte sich die Union immerhin modernisieren. | |
Für diesen Kurs stehen aber vor allem die Verbände aus den Großstädten, und | |
die sind nach der Wahlniederlage nicht mehr im Landtag vertreten. Als | |
„Landsturm“ bezeichnet ein Abgeordneter die neue Fraktion, weil darin nur | |
CDU-Leute aus der Provinz sitzen. Und die sind naturgemäß weniger offen für | |
die Grünen als für die Schwampel. | |
Unerwartete Unterstützung bekommt dieser Flügel von Günther Oettinger. Der | |
Exministerpräsident peilte in seiner eigenen Regierungszeit zwar selbst | |
eine Koalition mit den Grünen an, rät seiner Partei in der Stuttgarter | |
Zeitung jetzt aber zum Bündnis mit SPD und FDP. Ob Überzeugung oder | |
Verhandlungstaktik – einfacher macht auch dieser Ratschlag die | |
Regierungssuche nicht. | |
Immerhin: Die Landesverfassung gibt den Parteien bis August Zeit, sich über | |
ihre Koalitionswünsche klar zu werden. Erst wenn dann keine neue Regierung | |
stünde, müssten die Baden-Württemberger neu wählen. | |
15 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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