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# taz.de -- Villareal in der Europa League: Charmant außerhalb der Realität
> Das Überraschungsteam FC Villarreal besticht durch Kombinationsfußball
> und Menschlichkeit. Nun gastiert es bei Bayer 04.
Bild: Verteidiger des „gelben U-Boots“: Eric Bailly
Villareal taz | Der offizielle Fanshop des Tabellenvierten der stärksten
Fußballliga der Welt liegt im untersten Stock eines Wohnhauses, neben der
Garageneinfahrt. An der Glastür ist ein Zettel befestigt: „Kapazität des
Geschäfts nur für 30 Personen“. Auf Englisch. Manchmal verschlägt es ja
auch Touristen hierher. Heute Abend zum Beispiel die Fans von Bayer
Leverkusen, Achtelfinalgegner in der Europa League.
Den Einheimischen muss man nicht sagen, dass sie am Estadio El Madrigal
nicht mit einem Megastore zu rechnen haben. Sie kennen die Dimensionen.
Villarreal hat 50.000 Einwohner, und wenn es anders wirkt, dann eher
kleiner. Verschlafen liegen die engen Straßen auch an einem Spieltag in der
Sonne. Einer dieser Orte, an denen man zur späten Mittagszeit niemanden
trifft als den eigenen Schatten. In der man aber jederzeit Gelb sieht. Die
Farbe des „submarino“, des U-Boots, das erstaunlich regelmäßig auftaucht,
in der Elite des Fußballs.
Diese Saison spielte Villarreal die beste Hinrunde der Klubgeschichte,
führte ein paar Spieltage gar die Tabelle an. Die Qualifikation für die
nächste Champions League ist nah. Acht Punkte beträgt der Vorsprung auf
Platz fünf, trotz der unglücklichen 0:1-Heimniederlage am Samstag gegen Las
Palmas, der ersten nach 14 ungeschlagenen Spielen, was ebenfalls
Vereinsrekord war. Im ganzen Land erfährt die Mannschaft aus der
Kleinstadt, rund 60 Kilometer nördlich von Valencia gelegen, großes Lob.
Für ihr solides Projekt, für ihren organischen, taktisch exzellenten
Kombinationsfußball.
Scheinbar aus dem Nichts füllen sich eine Stunde vor Anpfiff die Straßen um
das Stadion, das quasi in den Häuserreihen liegt, zwischen Grundschule und
Schönheitssalons. 24.500 Zuschauer passen ins Madrigal, rund die Hälfte der
Einwohnerzahl. Es lässt sich nicht nur mit dem Kernklientel des Fußballs
füllen. Eine Frauenquote wie hier bringen anderswo die aufwendigsten
Marketingstrategien nicht zustande. Jeder scheint sich zu kennen, die
Polizei ist überflüssig, in der Halbzeit spielt eine Blaskapelle und der
Soundtrack des Spiels klingt wegen der vielen Kinder bisweilen mehr nach
Schwimmbad als nach Fankurve.
## Abstieg als Champions-League-Teilnehmer
In so einer Szenerie kann man sich auch mal in aller Ruhe mit einem Profi
unterhalten, selbst wenn er wie Rechtsverteidiger Mario Gaspar inzwischen
für Spanien spielt und dabei zuletzt gegen England einen spektakulären
Volley-Seitfallzieher von der Strafraumgrenze versenkte. „Wegen der kleinen
Reichweite des Klubs ist hier alles familiärer und, um es mal so
auszudrücken: menschlicher“ sagt der 25-Jährige. „Das ist sicher ein
Erfolgsfaktor, weil die Dinge mit Natürlichkeit gemacht werden.“
Mario, 25, war schon bei der letzten Europa-League-Begegnung mit Leverkusen
dabei, im Achtelfinale 2011 siegte Villarreal 3:2 und 2:1. Der Jugendarbeit
schenkte der Verein schon besondere Aufmerksamkeit, als er unter der
regionalen Unternehmergröße Fernando Roig mit Stars wie Juan Román
Riquelme, Diego Forlán oder Giuseppe Rossi und einem Etat von 100 Millionen
Euro operierte. In der Saison 2011/12 stieg man als
Champions-League-Teilnehmer überraschend ab.
Roig beglich noch die Steuerschulden und übergab die Geschäfte an seinen
gleichnamigen Sohn, der das Mäzenatentum beendete. Trotzdem gelang unter
Trainer Marcelino García Toral, einem peniblen Fachmann, der direkte
Wiederaufstieg und zweimal in Folge die Qualifikation für die Europa
League. Das Budget beträgt gut die Hälfte, nur bei der Jugend wurde nicht
gespart, derzeit gilt sie als beste Spaniens. Roig Senior freut’s: „Wir
stehen sportlich genauso gut oder besser als früher da. Aber jetzt sind wir
auch nachhaltig.“
## Traum vom ersten Titel
In Villarreal träumen sie davon, den ersten Titel der Klubgeschichte zu
gewinnen. Vor der Saison wurden zehn Millionen Euro mehr in namhafte
Spieler wie Stürmer Roberto Soldado investiert als durch Verkäufe
eingenommen. Dazu kamen intelligente Leihgeschäfte wie jenes von Torwart
Alphonse Aréola, der Paris St. Germain gehört. Nur Trainer Marcelino gehen
die Ansprüche allmählich zu weit.
Nach dem Spiel gegen Las Palmas erklärte der 50-Jährige, „traurig nach
Hause zu gehen“. Im Publikum hatte es bisweilen etwas Murren gegeben, etwa
bei Fehlpässen des diesmal glücklosen Kapitäns Bruno Soriano. „Wir bewegen
uns manchmal außerhalb der Realität“, schimpft Marcelino. Als ob nicht
genau das der Charme von Villarreal wäre.
10 Mar 2016
## AUTOREN
Florian Haupt
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