# taz.de -- Big Brother in Hannover: Lauschen für den Norden | |
> In Hannover soll beim Landeskriminalamt Niedersachsen ein zentrales | |
> Abhörzentrum für die fünf norddeutschen Küstenländer entstehen. | |
Bild: Zentrales Abhören? Die USA wissen wie es geht, etwa im „Data Center“… | |
HANNOVER taz | Es ist lange geplant – jetzt wird's konkret: In Hannover | |
entsteht im Neubau des Landeskriminalamtes (LKA) am Waterlooplatz bis 2020 | |
ein länderübergreifendes Telekommunikations-Abhörzentrum für Niedersachsen, | |
Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Die | |
rot-grüne Landesregierung in Hannover hat am Dienstag dem Entwurf des | |
Staatsvertrages für das gemeinsame „Rechen- und Dienstleistungszentrum – | |
Telekommunikationsüberwachung Polizei“ (RDZ-TKÜ Nord) zugestimmt. „Das wi… | |
ein Vorzeigeprojekt für die Zusammenarbeit der norddeutschen Länder“, sagte | |
der niedersächsische LKA-Chef, Uwe Kolmey der Hannoverschen Allgemeinen | |
Zeitung. | |
Dabei ist die Zusammenlegung neben der Modernisierung vor allem ein Projekt | |
der Rationalisierung und soll Kosten sparen. Bereits 2010 ist dies so auf | |
der Innenministerkonferenz der norddeutschen Küstenländer in die Wege | |
gebracht worden. Die Ausstattung des Überwachungszentrums in der neuen | |
LKA-Zentrale sei sehr teuer, sagte LKA-Sprecher Armin Zieseniß der taz. | |
„Das ist mit erheblichen Kosten verbunden, aber dann auf dem neuesten Stand | |
der Technik“. | |
Niedersachsen wird für die geschätzten Kosten von 18 Millionen Euro in | |
Vorleistung gehen, bis es 2020 nach der Unterzeichnung des Staatsvertrages | |
auch von den anderen Nordländern genutzt wird. Die ländereigenen | |
Abhöreinrichtungen werden dann überflüssig. Schon 2011 hatten sich die fünf | |
Küstenländern auf der Innenministerkonferenz auf eine Kooperation | |
verständig, ab 2016 für Überwachungsmaßnahmen gemeinsam die Abhörzentren in | |
Hamburg und Hannover zu nutzen. | |
„Vor dem Hintergrund der rasanten technischen Entwicklung und der | |
zunehmenden Verlagerung der Telekommunikation in das Internet besteht das | |
dringende Erfordernis, die Instrumente für die Erkenntnisgewinnung der | |
Sicherheitsbehörden den veränderten Gegebenheiten anzupassen“, heißt es aus | |
der Staatskanzlei in Hannover. Die technische Komponenten und polizeiliche | |
Organisation würden laufend angepasst. Außerdem würde neben der | |
Zentralisierung von Technik auch das Knowhow gebündelt, ohne neue | |
Eingriffsbefugnisse für die Polizei zu schaffen. | |
Die Rechtsgrundlage bleibt die Strafprozessordnung zwecks Strafverfolgung – | |
und zur Gefahrenabwehr die jeweiligen Polizei- und | |
Landesdatenschutzgesetzen. Die Hoheit des staatlichen Handels im Bereich | |
der Telekommunikations-Überwachung obliegt dezentral bei den | |
Landespolizeien und Landeskriminalämtern. | |
Ursprünglich wollten die Innenminister auch die fünf Verfassungsschutzämter | |
in das Projekt einbeziehen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen sei eine | |
Zusammenlegung der Inlandsgeheimdienste jedoch nicht weiterverfolgt worden, | |
heißt es in einer Antwort des Hamburger Senats auf eine Kleine Anfrage der | |
Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. | |
Die Datenbeauftragten der fünf Länder sind zwar in die Planung des | |
zentralen Abhörzentrums eingebunden, die Landesbeauftragte für Datenschutz | |
in Hannover, Barbara Thiel, hat aber schon jetzt eine Mängelliste mit 44 | |
hochsensiblen Punkten aufgestellt, die bei der Kooperation von Bremen und | |
Niedersachsen erkenntlich geworden sind. „Diese müssen unser Meinung nach | |
behoben werden“, sagt Thiels Sprecher Michael Knaps. „Diese Mängelpunkte | |
sind noch nicht ausgeräumt und trotzdem plant das Land jetzt eine | |
Kooperation mit allen norddeutschen Ländern“, kritisiert der | |
innenpolitische Sprecher der niedersächsischen FDP-Landtagsfraktion, | |
Jan-Christoph Oetje. | |
Zudem sei laut Datenschützer Knaps von den Projektentwicklern bisher | |
versäumt worden, eine Risikoanalyse zu erstellen, um eine absolute | |
„Mandantentrennung“ zu gewährleisten: Damit nicht die eine Landespolizei | |
auf Daten einer anderen Polizeibehörde zurückgreifen kann und ein | |
Missbrauch der Daten ausgeschlossen ist. | |
20 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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