# taz.de -- Diskriminierung an Schulen: Neukölln bricht mal wieder ein Tabu | |
> Im Multikulti-Bezirk eröffnet die bundesweit erste | |
> Antidiskriminierungsstelle für Schulen. | |
Bild: Die Neuköllner Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) mit einer Brosch�… | |
Er sei stolz, Neukölln „mal wieder als Vorreiter präsentieren zu können“, | |
sagte Jan-Christopher Rämer am Freitag in der Martin-Gropius-Schule in | |
Britz. Der Schulstadtrat, Nachfolger von Bezirksbürgermeisterin Franziska | |
Giffey (beide SPD), stellte dort ein Projekt vor, das nicht nur in Berlin, | |
sondern deutschlandweit Modellcharakter haben soll: ADAS, die erste | |
„Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen“. | |
20 bis 30 Prozent der bei Beratungsstellen angezeigten | |
Diskriminierungsfälle stammten aus dem Bildungsbereich, erklärte Aliyeh | |
Yegane. Die Diversity-Expertin übernimmt als Mitarbeiterin des | |
Bildungsträgers Life e.V. die ADAS-Projektleitung. Bisherige | |
Antidiskriminierungsrechte wie das Gleichbehandlungsgesetz reichten für | |
das, was an Schulen passiere, nicht aus. Der grundgesetzlich abgesicherte | |
Diskriminierungsschutz gelte aber definitiv auch dort, so Yeganeh. | |
## Dunkelfeld erschließen | |
Das ADAS-Projekt soll dafür sorgen, dass dem nicht nur auf dem Papier, | |
sondern auch in Wirklichkeit so ist: Der Träger Life hat sich dafür mit dem | |
Bezirksschulamt sowie der Senatsverwaltung für Bildung zusammengetan. | |
Vertreter der Schulen und der Schulverwaltung wollen sich in Zukunft mit | |
engagierten SchülerInnen, Eltern und zivilgesellschaftlichen Institutionen | |
– etwa Beratungsstellen oder auch Moscheevereinen – zusammen setzen. | |
Diskriminierungsfälle sollen besprochen und mögliche Handlungsoptionen | |
entwickelt werden. Zu ADAS gehört zudem eine Anlaufstelle, die Betroffene | |
von Diskriminierung berät, sie arbeitet verwaltungsunabhängig. | |
Das Modellprojekt soll einen Dunkelbereich erschließen, der „sonst eher | |
einem Tabu unterliegt“, sagte Yegane. Denn viele Diskriminierungsfälle | |
würden bisher aus Angst vor Nachteilen nicht angezeigt. Lösungen und | |
Handlungsstrategien seien deshalb wichtiger als Sanktionen: Viele Eltern | |
etwa wollten gegen Diskriminierung nicht klagen, weil sie dadurch Nachteile | |
für die Schulkarrieren ihrer Kinder befürchteten. | |
Es gehe ihnen um Konfliktlösung, aber nicht um Sanktionen für die | |
Diskriminierenden, betonte auch der Neuköllner Bezirksschulrat Meinhard | |
Jacobs. „Wir wollen Handlungskonzepte entwickeln, die den Schulen beim | |
Umgang mit Diskriminierung helfen können.“ | |
Bürgermeisterin Giffey sagte, ADAS befasse sich mit „jeder Form von | |
Diskriminierung, die von allen Akteuren des Schullebens – SchülerInnen, | |
Lehrkräften, Eltern – ausgehen und alle treffen kann.“ Das von der | |
Lottostiftung finanzierte Projekt soll im April 2018 mit der Formulierung | |
von Handlungsempfehlungen enden. | |
8 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Imam | |
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