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# taz.de -- Überwachung merkst du nicht
> Internet Datensammelwut und Big-Brother-Methoden sind nicht nur ein
> globales Problem. Wie in Berlin Menschen für die digitale Freiheit
> kämpfen
VON Christoph Zeiher (Text) UND Philippa Ruda(Illustration)
Das Herz der Berliner Hackerszene liegt hinter einer unscheinbaren,
silbernen Tür. In einem der unzähligen Hinterhöfe dieser Stadt befindet
sich der Eingang zur c-base, einem sogenannten Hackerspace. Orte wie diesen
gibt es auf der ganzen Welt, die c-base aber ist mit Sicherheit einer der
größten und spektakulärsten. Hier treffen sich Computer-Freaks, Künstler
und Tüftler – um zu diskutieren, zu arbeiten und natürlich um zu feiern.
Einer von ihnen ist Crille, ein waschechter Berliner, aufgewachsen im
Wedding. Tagsüber ist er Programmierer, in seiner Freizeit kämpft er für
die Freiheit im Netz. „Ich war als Jugendlicher schon rebellisch“, sagt er.
„Ich hab immer hinterfragt, warum es bestimmte Regeln gibt.“ Crille wirkt
nicht getrieben, nicht aktivistisch, sondern ziemlich gelassen. Dieser
große Kerl mit Pferdeschwanz und breitem Lächeln, der viel jünger aussieht,
als er ist. 37 Jahre, das errät keiner, der ihn zum ersten Mal trifft.
Nur vier Kilometer westlich liegt ein ganz anderes Berlin, das
Paul-Löbe-Haus, eines der riesigen weißen Gebäude, die am Bundestag die
Spree in ihren engen Kanal zwängen. Hier tagen die Abgeordneten des
NSA-Untersuchungsausschusses. Einer von ihnen ist Konstantin von Notz. Der
Grünen-Politiker ist das andere Ende einer Front, die einmal quer durch
Berlin verläuft. Gefühlt ist er von den Aktivisten auf der c-base weit
entfernt. Ihre Ziel aber sind dieselben. „Das Problem ist die Überwachung.
Diese Kontrolle unseres Lebens durch die Macht über Daten ist ein
schleichendes Gift“, sagt er. „Bei der Kooperation mit der NSA hat man in
Deutschland Kontrollgremien belogen und hintergangen. Das muss aufgedeckt
werden und Konsequenzen haben.“
## Kampf gegen Überwachung
Irgendwo zwischen großer Politik und Graswurzel-Aktivismus hat sich
Stephanie Hankey eingerichtet. Auch sie lebt und arbeitet in Berlin, auch
sie kämpft gegen Datensammelwut und Überwachung. Vor mehr als zehn Jahren
ist die Webdesignerin von Großbritannien hier hergezogen. Heute hat sie ihr
Büro in Mitte am Weinbergspark.
Ein klassisches Start-up-Umfeld, könnte man meinen. Und zugegeben, es sieht
hier auch so aus: Bartische, Sofas, eine Kreidetafel an der Wand – mehr
Wohnzimmer als Büro. Tactical Tech Collective nennen sich Hankey und ihre
Mitstreiter. Sie sind ein Team aus Designern und Programmierern, die
gemeinsam Filme produzieren und Internetseiten erstellen.
Auf der c-base ist von dieser Start-up-Welt nicht viel zu spüren. Hier
sieht es eher aus wie in einem Albtraum von George Lucas: Leuchttafeln,
Schwarzlicht-Pingpong, viel Metall und blickende Lichter. Gleich am Eingang
führt eine Wendeltreppe in den Keller hinunter – ein Bereich, der
Außenstehenden normalerweise verschlossen bleibt. Dort unten reiht sich
Raum an Raum, ein Höhlensystem aus flackernden Computerbildschirmen. Viel
gesprochen wird nicht und wenn, dann meist Englisch. Filmen und
Fotografieren ist streng verboten.
Oben im öffentlichen Bereich aber ist jeder willkommen, zumindest an Tagen,
an denen die Tür offen steht. Heute ist so ein Tag, denn heute Abend findet
hier eine Crypto-Party statt. Das bedeutet, dass sich wildfremde Menschen
in diesem seltsamen Raumschiff versammeln – und stundenlang gebannt auf
ihre Laptops starren.
19 Dec 2015
## AUTOREN
Christoph Zeiher
Philippa Ruda
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