# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Auf eine Nudel-Box am Kotti | |
> Die taz hat die tollsten Stricksockenträger, der Chefredakteur geht beim | |
> Stehimbiss essen und Kurt Kister hat namhaftere Freunde. | |
Bild: Wo die taz-Chefredaktion diniert: am Kottbusser Tor. | |
Hallo taz-Medienredaktion, liebe LeserInnen der ersten Stunde! | |
Letzteren möchte ich diese Kolumne widmen. Denn, was soll ich sagen, als | |
ich eben sie vergangene Woche adressierte, um ihnen ein paar | |
Leseanleitungen für meine Texte mit auf den Weg zu geben, schickten mir | |
etliche ErststündlerInnen ein paar Zeilen. | |
Und ich stelle fest: Noch nie habe ich bei der taz soviel Leserpost | |
bekommen, soviel Liebe und Zuspruch erfahren! taz, Du unter Druckerschwärze | |
Junggebliebene! – Du hast einfach die tollsten Stricksockenträger, die | |
wunderbarsten 68er-Zausel, die superknorkesten Genossen von allen! Wo sind | |
LeserInnen so toll wie bei der taz? Nirgends! Das war ein wunderbares | |
Erlebnis und ich möchte sagen: Danke, danke, danke! | |
Leider haben andere Zeitungen tollere Chefredakteure – aber was soll’s!?! | |
Es kann eben nicht jeder mit der Mode gehen und seine Leserinnen und Leser | |
morgens mittels einer persönlich ausgewürgten Internet-Schleimspur in den | |
Tag geleiten. | |
Oder, wie Kurt Kister von der Süddeutschen, „Abonnentenbriefe“ verschicken | |
und die Gedanken an die Kunden mit dem Satz beginnen: „Neulich war ich mal | |
wieder in Berlin“, um dann fortzufahren: „Wenn man zum Beispiel mit einem | |
alten Freund zum Essen ins Bayerische Viertel bei einem gehobenen Italiener | |
geht, dann ist das Ambiente nebst den meisten Gästen so, als gäbe es | |
West-Berlin noch immer.“ | |
## Christiane F. lässt grüßen | |
Ich meine, da fängt es ja schon an! Wie soll denn so ein taz-Chefredakteur, | |
der sowieso schon in Berlin ist und qua seiner armseligen Anti-Haltung | |
generell keine Freunde haben kann, nicht einmal alte und auch keine aus | |
Bayern, bei einem „gehobenen“ Italiener Essen gehen? Noch dazu im | |
Bayerischen Viertel? | |
So ein taz-Chefredakteur kann sich doch allenfalls eine Nudel-Box im | |
Stehimbiss „Onkel Ho“ am Kotti leisten. Wo mit Christiane F. und ihren | |
Fixerfreunden West-Berlin allerdings noch immer existiert. Das gebe ich zu. | |
Aber sonst? | |
Wie will denn so ein taz-Chef Kister-Sätze schreiben wie: „Zu meinen sehr | |
guten Bekannten in dieser Stadt zählte Klaus Bölling, ein Gentleman und | |
unter anderem auch der wohl berühmteste deutsche Regierungssprecher.“ | |
So ein taz-Chefredakteur der Gegenwart kann ja nicht mal mehr Bommi Baumann | |
den berühmtesten Bombenbauer der guten alten Böller-Republik seinen Freund | |
nennen! Der kann nur schreiben: „Zu meinen sehr guten Bekannten gehört Cem | |
Özdemir.“ Wenn er Glück hat. Wenn er Pech hat, muss er schreiben: „…geh… | |
Claudia Roth.“ | |
## Geschehen? Relevanz? Brisanz? | |
Immerhin verstehe ich nun langsam, wie es kommt, dass das interessante | |
Fernseh-Reportage-Format „24 Stunden“, das dafür genutzt wurde, zunächst | |
Berlin und dann Jerusalem vorzustellen, nun auch als „24 Stunden Bayern“ | |
realisiert wird. | |
Erst wunderte ich mich, wo in Bayern die Parallele zu Berlin gefunden | |
werden könnte, etwa in puncto Geschehen, Relevanz, Brisanz. Dann fragte ich | |
mich, ob der Vergleich zu Jerusalem dann funktioniert, wenn man den Fokus | |
auf durchgeknallte Christen legt, die im Holunderbusch Erscheinungen sehen. | |
Langsam aber beginne ich zu verstehen, dass Bayern einfach überhaupt sehr | |
interessant ist. So interessant, dass, wenn man schon mal nach Berlin fährt | |
und der Magen knurrt, man zum Essen ins Bayerische Viertel geht. | |
Am Montagabend wurde zum siebten Mal der Reporter-Preis verliehen. Das war | |
eine lustige, kleine Supersause dank des hinreißenden Jörg Thadeusz an der | |
Moderationsorgel. Und an welchem Ort der Relevanz, taz-Medienredaktion, | |
wurde der verliehen? Genau. In Bayern war das nicht! Und damit zurück nach | |
Böllinghausen! | |
8 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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