# taz.de -- Kolumne Pressschlag: „Loden-Kalle kommt vorbei“ | |
> Wie bedeutend Trainer sind, wusste schon Wilhelm Busch. Und was man ihnen | |
> bringen muss: „Kicker, Sportbild, Apfelmus.“ | |
Bild: Erstausgabe von „Max und Moritz“ von 1865, erschienen im Münchner Ve… | |
Vielleicht kommen dem ein oder anderen diese Zeilen noch bekannt vor. „Wer | |
in Dorfe oder Stadt / einen Trainer sitzen hat /der sei freundlich und | |
bescheiden / denn so was mag der Trainer leiden. / Bringt ihm, was man | |
haben muss / Kicker, Sportbild, Apfelmus.“ Sie sind kein gewöhnlicher Fund, | |
diese Zeilen aus der Hochzeit des Wilhelminischen Zeitalters, genauer | |
gesagt, sind sie von enormer kultur- wie sporthistorischer Bedeutung. | |
Schon Wilhelm Busch, das können wir dieser frühen Arbeitsfassung von „Max | |
und Moritz“ aus den späten 1850er Jahren – also ein paar Jahre bevor sich | |
die FA in England konstituierte – entnehmen, wusste von der Bedeutung des | |
Trainers, in einer Zeit also, als es diesen noch gar nicht als solchen gab. | |
Wie soll es ihn auch gegeben haben? Es gab ja noch nicht einmal den Fußball | |
in Deutschland, und als es ihn dann gab, war er zunächst als „sittenwidrige | |
Engländerei“ verpönt. | |
Und so ist es gar nicht ausgeschlossen, dass Busch seiner Vorstellung am | |
Ende selber misstraute und in der Endfassung der sieben Bubenstücke den | |
Trainer durch den damals ebenfalls noch hochgeschätzten Onkel ersetzte, | |
zumal dieser in Ausnahmesituation die ein oder andere Verhaltensweise mit | |
dem Trainer teilt: „Und den Trainer, voller Grausen / sieht man auf das | |
Spielfeld sausen.“ | |
Eines aber ist dem Dichter durchweg noch in der heutigen Fassung | |
anzumerken. Es ist ein Glück, einen Trainer zu haben; einen Trainer, der | |
auch in der heutigen Zeit nicht einfach durch irgendeinen Onkel zu ersetzen | |
ist, so nett dieser auch sein mag. Und deshalb möge man bitte alles für ihn | |
tun. | |
Es waren tatsächlich visionäre Zeilen, die ein Gegengewicht zum übliche | |
Hire and Fire darstellen. Dabei wird klar: Busch ging von einem Ideal aus, | |
einem Ideal, das im Sonderfall sogar den Rentenvertrag einschließt. Man | |
blicke nur auf die Mönchengladbacher Borussia, die alles für ihren Coach | |
Lucien Favre getan hätte, um zu verhindern, dass dieser in einer | |
Nacht-und-Nebel-Aktion Reißaus nimmt. Wer Max Eberl in den Tagen nach der | |
freiwilligen Demission Favres sah, der sah einen schwer gezeichneten Mann. | |
## Kaufkraft und Vorstellungskraft | |
Wie gern hätte er sich doch an Buschs Arbeitsanweisung gehalten, hätte es | |
hier und da in der Wade oder dem Oberschenkel gezwickt: „Gleich ist man mit | |
Schnelligkeit / und dem Physio bereit.“ Doch es geht ihm nicht nur um die | |
kurzfristige Behebung von Problemen, nein, wir erkennen vielmehr, dass die | |
Kaufkraft eines Vereins schon damals in der Vorstellungskraft wacher | |
Geister vorhanden war. | |
Was zu tun ist, wenn alles auf die schiefe Bahn geraten ist, der Trainer | |
aber trotzdem in Ehren gehalten werden soll wie der Onkel, beschrieb | |
Wilhelm Busch in aller Ausführlichkeit – und nahm dabei sogar schon in | |
Ansätzen manche Charaktere der Bundesliga vorweg: „Sei es auch in einer | |
Krise / dass der Trainer heftig niese / Loden-Kalle kommt vorbei / | |
Mannschaft neu, eins, zwei drei.“ | |
7 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Stefan Osterhaus | |
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Wilhelm Busch | |
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