# taz.de -- Einmal Erde, bitte gut gekühlt | |
> Klima Zum Auftakt des Weltklimagipfels in Paris sind in Berlin 17.000 | |
> Menschen auf die Straße gegangen. Die Demonstration musste auch als | |
> Ersatz für die verbotene Massenkundgebung in Paris herhalten | |
Bild: „Jetzt handeln“ wollen die KlimaschützerInnen – bevor der blaue Pl… | |
von Matthias Bolsinger | |
Tausende Menschen sind am gestrigen Sonntag beim „Global Climate March“ | |
durch die Straßen von Berlin-Mitte gezogen – trotz Regen und Temperaturen | |
um die 7 Grad Celsius. Sie demonstrierten für ein ambitioniertes und | |
völkerrechtlich verbindliches Klimaabkommen. Aufgerufen hatten zu der | |
Demonstration zahlreiche Organisationen, darunter Avaaz, Campact, | |
Greenpeace und Oxfam. Das Bündnis fordert weltweit 100 Prozent erneuerbare | |
Energien bis 2050. Die Veranstalter zählten rund 17.000 Teilnehmer. | |
Anlass der Klimademonstration war die heute beginnende 21. Klimakonferenz | |
der Vereinten Nationen in Paris. Zwei Wochen lang werden rund 20.000 | |
Delegierte aus 195 Ländern über ein neues Klimaabkommen verhandeln, das das | |
1997 verabschiedete Kioto-Protokoll ablösen soll. Die Erderwärmung soll so | |
auf maximal 2 Grad Celsius begrenzt werden. Die Konferenz im Jahr 2009 in | |
Kopenhagen, auf der große Erwartungen lasteten, hatte kein verbindliches | |
Abkommen erzielt. „Wir wollten ein deutliches Zeichen nach Paris senden und | |
sind überwältigt davon, wie Berlin und der Rest der Welt dem Aufruf | |
nachgekommen ist“, sagte Christoph Schott, Kampagnenleiter von Avaaz. | |
## Dinosaurier Kohlestrom | |
Um stärkere Druck auf die Verhandler in Paris auszuüben, sind an diesem | |
Wochenende in 150 Ländern Hunderttausende auf den Straßen. In Berlin ist es | |
am Sonntagnachmittag ein Meer aus gelben Fahnen und grünen Ballons, das vom | |
Hauptbahnhof zum Brandenburger Tor zieht. Einige TeilnehmerInnen schieben | |
einen „Kohlosaurus“ über den Asphalt, eine Art Reptil, dessen Rumpf aus | |
einem Kühlturm besteht. Die Botschaft, die sie den Verantwortlichen damit | |
senden wollen, ist eindeutig: Die Kohle als Energieträger hat für sie | |
ausgedient. | |
Dem entsprechend fordern die Demonstranten den Ausstieg Deutschlands aus | |
der Braunkohle bis spätestens zum Jahr 2030, aus der Steinkohle bis 2040. | |
„Sigmar Gabriel, aus der Kohle, aber schnell!“, rufen sie, als sie am | |
Bundeswirtschaftsministerium vorbeiziehen. Unter ihnen sind auch Mitglieder | |
von „Ende Gelände“, die Mitte August den Braunkohle-Tagebau in Garzweiler | |
besetzt und den Betrieb dort zum Erliegen gebracht hatten. „Wenn wir | |
verhindern wollen, dass die Erderwärmung unbeherrschbar wird, dann müssen | |
in Deutschland 90 Prozent der fossilen Ressourcen im Boden bleiben. Merkel | |
muss in Paris den Ausstieg aus der Kohlekraft verkünden“, fordert Christoph | |
Bautz, Geschäftsführer von Campact, auf der Schlusskundgebung. | |
In ihren Beiträgen machen die Redner deutlich, dass die Zeit für ein | |
verbindliches Klimaabkommen drängt. Die Chancen dafür stünden gut. | |
Zahlreiche Konzerne würden sich allmählich aus der Finanzierung fossiler | |
Energieträger zurückziehen. Außerdem liege ein Vertragstext für ein | |
Klimaabkommen vor. „Aber die Zusagen der Staaten sind zu lasch“, gibt | |
Karsten Smid von „Greenpeace“ zu bedenken. | |
Einig ist man sich daher, dass der Kampf gegen den Klimawandel auch nach | |
der Pariser Konferenz nicht zu Ende sei. „Paris kann ein Wendepunkt sein, | |
aber wir dürfen den Weg in die Zukunft nicht den Politikern überlassen“, | |
sagt Christoph Schott. Auch Formen zivilen Ungehorsams begrüßen die Redner. | |
„Wir können unsere Ziele nicht im Konsens mit Eon, RWE und Vattenfall“ | |
erreichen, erklärt Christoph Bautz. „Wir müssen uns mit ihnen anlegen.“ | |
## Hart getroffen | |
Vor Ort in Paris können die Aktivisten ihre Forderungen offiziell nicht | |
stellen. Dort herrscht seit den Terroranschlägen vom 13. November ein | |
öffentliches Versammlungsverbot. Die internationalen Klimaschützer hatte | |
diese Ankündigung hart getroffen. „Ein ganzes Jahr haben wir auf den Termin | |
hingearbeitet“, so Christoph Schott. Deshalb sollte der Global Climate | |
March in Berlin auch ein Stellvertretermarsch für all jene sein, die in | |
Paris nicht auf die Straße können. | |
Immerhin: Auf indirekte Weise soll auch dort ganz groß demonstriert werden. | |
Videomaterial von zahlreichen Veranstaltungen auf der ganzen Welt soll | |
gesammelt und auf dem Konferenzgelände auf eine Leinwand projiziert werden. | |
paris.taz | |
30 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Matthias Bolsinger | |
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