Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die SPD und die Kopftuchdebatte: Ja zum Kopftuchverbot
> Der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh stellt sich der
> SPD-Mitgliederbefragung – und stimmt dort mit Ja für das
> Neutralitätsgesetz.
Bild: Raed Saleh beim Besuch eines Flüchtlingsheims.
Mit einem klaren Ja zur Beibehaltung des Neutralitätsgesetzes überraschte
jetzt der Berliner SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh Teile der eigenen
Partei und die Opposition. In den veröffentlichten Antworten des
SPD-Vorsitzenden Jan Stöß sowie Salehs auf die zwölf Fragen, die die SPD
ihren 17.000 Berliner Mitgliedern zur Abstimmung des Wahlprogramms für die
Berlin-Wahl 2016 stellt, beantworten beide die Frage, ob religiöse
Neutralität im Staatsdienst beibehalten werden soll, mit einem Ja.
In Stöß’ Fall wenig überraschend: Der vertritt diese Haltung, seit im März
ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts das Kopftuchverbot für Lehrerinnen
in Nordrhein-Westfalen ausgehebelt und damit die Debatte um religiöse
Neutralität von Staatsbediensteten auch in Berlin wieder entfacht hat.
Saleh dagegen hatte bislang eine Überarbeitung des in Berlin seit 2005
geltenden Neutralitätsgesetzes befürwortet.
Anders als viele andere Landesgesetze – auch das in NRW – verbietet das
Berliner Gesetz nicht ausschließlich das islamische Kopftuch, sondern alle
Symbole religiöser Zugehörigkeit. Das Verbot gilt etwa für LehrerInnen,
RichterInnen und PolizistInnen. Da so nicht bestimmte Weltanschauungen
gegenüber anderen benachteiligt werden, prüft die Senatsverwaltung für
Inneres derzeit, ob das Verfassungsgerichtsurteil in Berlin überhaupt
Gesetzesänderungen erforderlich macht.
## „Konkrete Bedrohung“
Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des
Abgeordnetenhauses kam allerdings bereits im Juli zu dem Schluss, dass
mindestens das Kopftuchverbot für Lehrerinnen aufgehoben werden müsse. Die
Gutachter nahmen die Argumentation des Verfassungsgerichts auf, dass ein
pauschales Verbot die Religionsfreiheit einschränke. Es müsse im Einzelfall
eine „konkrete Bedrohung des Schulfriedens“ nachzuweisen sein.
Das Gutachten war vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Saleh selbst in Auftrag
gegeben worden. In einem Zusatz zu seinem aktuellen Ja schränkt dieser auch
weiterhin ein, er könne sich zwar „in Klassenräumen mehr Vielfalt
vorstellen“. Polizisten und Richter aber repräsentierten „den neutralen
hoheitlichen Staat“.
Der integrationspolitischen Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus,
Canan Bayram, reicht das nicht. Die Beibehaltung des Kopftuchverbots in den
Schulen sei „ein klarer Verstoß gegen die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts“. Wenn die SPD das nicht eindeutig akzeptiere,
„muss sie sich Gedanken über ihre Haltung zur Verfassung machen“, so die
Juristin. Und auch die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migration der
Berliner SPD, Daniela Kaya, übt vorsichtig Kritik: „Wir brauchen keine
reflexhaften Reaktionen, sondern eine ernsthafte Diskussion über das Thema,
die auch die Realität in der Bevölkerung berücksichtigt.“
Im August hatte eine Forsa-Umfrage ergeben, dass etwa die Hälfte der
BerlinerInnen das Kopftuch im öffentlichen Dienst tolerieren würde.
26 Oct 2015
## AUTOREN
Alke Wierth
## TAGS
Neutralitätsgesetz
Kopftuch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar zum Kopftuchverbot: Austragen und aushalten
Das Gesetz ermutigt TrägerInnen wichtiger staatlicher Aufgaben, ihre
Religionszugehörigkeit zu verbergen – hinter einer vermeintlichen
Neutralität. Das ist falsch.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.