# taz.de -- Prügelszenen in der Erstaufnahme: „Polizeilich völlig unauffäl… | |
> Nach Auseinandersetzungen in Unterkünften gibt es Forderungen nach | |
> getrennter Unterbringung. Hamburgs Polizei widerspricht: Kein Grund für | |
> Alarmismus. | |
Bild: Viel Polizei, wenig Aufregung: In Hamburgs Flüchtlingsunterkünften blei… | |
HAMBURG taz | Nach den jüngsten Auseinandersetzungen in einer | |
Flüchtlingsunterkunft in Hamburg-Wilhelmsburg schickt die Pressestelle der | |
Polizei die Entwarnung umgehend: „Aktuell ist die weitaus größte Anzahl der | |
Flüchtlingsunterkünfte in Hamburg polizeilich völlig unauffällig“, sagt | |
Polizeisprecher Timo Zill. | |
Auch die Sprecherin des Trägers „Fördern & Wohnen“, der die Hamburger | |
Flüchtlingsunterkünfte betreibt, setzt auf Deeskalation: „Die absolute Zahl | |
der Konflikte dürfte steigen, weil die Zahl der Flüchtlinge steigt“, sagt | |
Susanne Schwendtke. Befürchtungen, dass die Konflikte unter anderem entlang | |
religiöser Grenzen verliefen, wie sie unlängst die Gewerkschaft der Polizei | |
äußerte, teilt sie nicht. In der Regel entzündeten sich die | |
Auseinandersetzungen an Alltäglichem, etwa darum, wer zuerst etwas zu Essen | |
erhält. Dass diese Konflikte in der Folge aussähen wie ein religiöser oder | |
ethnischer Konflikt, beruhe schlicht darauf, dass die Kontrahenten sich | |
dann Unterstützung aus ihrem Umfeld holten. | |
Dietlind Jochims, Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche, weiß | |
ebenfalls nichts von einer besonderen Diskriminierung von Christen, wie sie | |
die Gewerkschaft der Polizei befürchtet. „Ich habe nur in Einzelfällen | |
davon gehört“, sagt sie. „Ich will nichts schönreden, aber in sicherlich … | |
Prozent der Fälle finden die Konflikte wegen der Art der Unterkunft und der | |
Unsicherheit der Zukunft statt.“ | |
Einer der Einzelfälle, von denen Jochims gehört hat, bezieht sich auf eine | |
Gruppe junger Eritreer, die sich an den Pastor der Hamburger Hauptkirche | |
St. Petri, Christoph Störmer, gewandt hatten und von religiösen Spannungen | |
in der Unterkunft in den Messehallen sprachen. Bei einem Besuch vor Ort | |
erfuhr Störmer jedoch nichts Näheres. Besorgniserregender erscheint ihm die | |
Situation von Konvertiten. Der Pastor macht das an der großen Angst fest, | |
mit der zwei syrische Konvertiten zu ihm kamen. | |
Noch fehlen Zahlen, um all diese Befunde zu untermauern. Der Sprecher der | |
Hamburger Innenbehörde, Frank Reschreiter, erklärt, dass sein Haus keine | |
Statistik über Gewaltvorfälle in den Unterkünften führt. Laut Susanne | |
Schwendtke von „Fördern und Wohnen“ führt das Unternehmen zwar Buch über | |
sogenannte „besondere Vorkommnisse“ – derzeit sei eine Statistik und deren | |
Auswertung aber nicht darstellbar. | |
Die einzigen amtlichen Zahlen stammen daher aus der Antwort des Hamburger | |
Senats auf eine CDU-Anfrage vom 7. September. Diese ist jedoch wenig | |
erhellend, denn die Zahl der Polizeieinsätze in Flüchtlingsunterkünften | |
wurde wegen eines Softwaredefekts nicht dokumentiert. Die Polizei will in | |
dieser Woche neue Daten vorlegen. | |
Einzig belegbar sind derzeit Übergriffe auf Frauen in | |
Flüchtlingsunterkünften: In der Antwort auf eine Anfrage der FDP vom 14. | |
September benannte der Senat neun Fälle sexueller Gewalt. Daraufhin | |
forderten Abgeordnete der Grünen und Linken eine gesonderte Unterbringung | |
schutzbedürftiger Frauen. | |
Christiane Schneider (Linke) warnte zudem davor, dass angesichts der Größe | |
der Unterkünfte „Konflikte vorprogammiert“ seien. Eine Trennung nach | |
Ethnien oder Religion hält sie für „kontraproduktiv – schließlich sollen | |
sich die Flüchtlinge hier integrieren“. | |
Um Konflikte mittelfristig zu vermeiden, fordert sie, dass die Stadt die | |
dezentrale Unterbringung vorantreibt – auch durch die Beschlagnahmung | |
kleinerer Hallen. Doch für den Schutz gefährdeter Frauen hält Schneider | |
eigene Unterkünfte für diese Gruppe für unabdingbar. | |
Die Innenbehörde wusste vergangene Woche noch nichts von diesem Plan und | |
betonte, es sei „vordringlich, Obdachlosigkeit zu vermeiden“. Zudem seien | |
in den Erstunterkünften alleinstehende Frauen getrennt untergebracht. | |
Anscheinend hat jedoch auch die Innenbehörde erkannt, dass die Bemühungen | |
nicht ausreichen. Wenig später bestätigte ein Behördensprecher, dass man | |
daran arbeite, „allein reisenden Frauen Plätze in kleineren | |
Erstaufnahme-Unterkünften zur Verfügung zu stellen“. | |
12 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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