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# taz.de -- Nachruf auf Volker Kühn: Es kommt nichts weg
> Der Regisseur, Kabarettist und literarische Archäologe arbeitete mit
> Wolfgang Neuss und Lore Lorentz. Jetzt ist er, 81-jährig, gestorben.
Bild: Volker Kühn, 1933-2015.
Abschiedsgedanken zum Tod des Kabarett Historikers und Autors Volker Kühn:
In den frühen 80er Jahren wurde ich als freier Schreiber für die taz von
der dort tätigen Reneé Zucker gefördert. Bald fühlte sich die TAZ durch
mich „überfordert“. Ein linksdenkender Ex-TV-Showmaster? Das passte nicht
ins alternative Weltbild. Manche hielten meinen mit der Disco-Show
verbundenen Namen für das mögliche Pseudonym eines linken Spaßvogels der
schreibenden Gilde. Links und Entertainment? In Frankreich oder England,
Amerika, nichts Besonderes!
Der über meine Biographie bestens Bescheid wissende Volker Kühn,
schmunzelte – rauchte – und gab mir immer wieder Arbeit! Die bei der taz
entwickelte sich recht bald eher zu der eines Reporters in die
Vergangenheit. Reflektionen über Kabarett und Literatur der 20er/30er Jahre
durften es sein; da fragte ich natürlich auch immer wieder bei Volker nach;
zwecks historischer Recherche. Die Weimarer Zeit und ihre Folgen waren ja
sein Spezialgebiet.
Aber auch besagte Reports in die Vergangenheit fransten allmählich aus und
reduzierten sich bald für mich auf ein paar Nachrufe über Männer wie Hans
Rosenthal; emotional mir durchaus nah – politisch eher befremdlich; weil
Hans als Holocaust-Entkommener auch mir ein bißchen zu „nett-King-Kohl“
gegenüber erschien. Also erschien Iljas Nachruf und ich schaffte den
Balance-Akt mit LINKS... Lass das mal den Richter machen!
Wenn ich heute – nach cirka 32 Jahren – mit nunmehr 62 – freiwillig dieses
gleich folgende Grabgedicht gerade der taz anbiete, dann ist das, wie fast
immer in meinem Leben, heitere Absicht in ernster Sache. Worte für und über
einen, der mir immer das anbot, was ich von Herzen auch dem Publikum bieten
konnte; Erinnerungsprogrammen für die Akademie der Künste, Chanson –
Programme oder CD‘s.
Auch zweisam verfasste Schmerz-Artikel über Brüder im Geiste wie Wolfgang
Neuss (,der es sich gewünscht hatte, dass Volker und ich uns anfreunden
mögen.) Aus dem Mögen wurde eine jahrzehntewährende Freundschaft. Am
schmerzvollsten war mein Freundschaftsdienst, als ich immer wieder mal
„Kabarett aus Theresienstadt“ mit seiner Katherina Lange und Judy Winters
zum Besten geben sollte. So schlecht war mir noch nie, wie da Pointen
Todgeweihter locker vorgetragen werden mußten. Lachenmachen kurz vor der
Rampe... Demzufolge hier mein Abschiedsgedicht:
Des Volkers Stimme
nahm sich jener an,
die durch den Schornstein gingen.
Jene Unbekanntgewordnen
hatten es ihm angetan; denn:
Volker hörte die Signale!
Verschlossen
ruht die Stimme nun
im Arsenale,
Nun – Volker – bist Du unsichtbar;
der Du so viele wieder
sichtbar machtest.
Du bist für uns ein
dank vieler Lieder
unbekannt gebliebner Star!
Und Dein Gepäck?
Behüten wir.
So sei‘s !
Wie sagte Wolfgang Neuss;
„Es kommt nichts weg...“
Volker Kühn ist am 20. September 2015 im Alter von 81 Jahren gestorben. Die
Beerdigung findet am 13. Oktober in Berlin statt.
25 Sep 2015
## AUTOREN
Ilja Richter
## TAGS
Schwerpunkt taz Leipzig
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