# taz.de -- Ausländerfeindlichkeit in Bremen: Fingierte Drohung vom Amt | |
> Unbekannte haben einen gefälschten Abschiebebescheid an eine Migrantin | |
> verschickt. Polizei und Staatsschutz ermitteln. | |
Bild: Auf den ersten Blick täuschend echt: gefälschter Bescheid vom Stadtamt. | |
BREMEN taz | Der Abschiebebescheid ist eine Fälschung – aber nicht für | |
jeden sofort als solche zu erkennen. Der Briefkopf der Stadt Bremen, die | |
Aufmachung, die Sprache des Schreibens: Vieles an diesem fingierten Brief | |
des Stadtamtes wirkt sehr offiziell. Auch Name und Adresse sind fehlerfrei | |
geschrieben. | |
„Die Gültigkeit Ihres Aufenthaltstitels wurde geprüft, für nichtig erklärt | |
und die Duldung Ihres Aufenthaltes für das Bundesgebiet endet zum | |
30.09.2015“. Mit diesen Worten beginnt das Schreiben, das Frau R. Montag | |
morgen in ihrem Briefkasten vorfand. Vermutlich hat der oder die AbsenderIn | |
ihn persönlich eingeworfen – der Umschlag kam ohne Briefmarke an. Frau R. | |
ist um die 50, psychisch krank und hat eine sichere Aufenthaltserlaubnis | |
bis zum März kommenden Jahres, sagt ihr Anwalt Jan Sürig. | |
Gleichwohl wird ihr in dem Brief die „Rückführung in Ihr Heimatland“ zum … | |
Oktober angedroht. Sämtliche Verträge seien „zum Datum Ihrer Deportation“ | |
zu kündigen. Und für den Fall, dass sich Frau R. „nicht rechtzeitig für | |
Ihre Rückführung“ melde, drohe eine Haftstrafe von bis zu 10 Jahren, | |
„vollständige Enteignung“ und „fristlose Deportation“, heißt es am En… | |
Und weiter: „Dieser Bescheid ist rechtswirksam und ohne Unterschrift | |
gültig.“ | |
„Natürlich ist das eine Fälschung“, sagt Sürig, auch das angegebene | |
Aktenzeichen ist falsch. „Dennoch ist so ein Schreiben geeignet, Leute mit | |
psychischen Erkrankungen – und nicht nur die – in Angst und Schrecken zu | |
versetzen“, sagt der Anwalt. Sürig vermutet einen politischen Hintergrund | |
hinter dem Schreiben, eine persönliche, private Auseinandersetzung als | |
Anlass für „unwahrscheinlich“. Die Frau sei „eher ruhig und zurückhalte… | |
sagt ihr Anwalt, und biete „wenig Angriffsfläche“. | |
Sürig hat umgehend Anzeige erstattet – eine Amtsanmaßung wird mit | |
Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft, für Urkundenfälschung gibt | |
es bis zu fünf Jahre Gefängnis. Und für den Missbrauch von Titeln und | |
dergleichen kann es auch bis zu ein Jahr Haft geben. | |
Polizei und Staatsschutz prüfen das Schreiben derzeit noch. Ein | |
„ausländerfeindlicher Hintergrund ist offenkundig“, heißt es aus der | |
Innenbehörde, ähnliche Fälschungen seien bisher in Bremen noch nicht | |
bekannt. „Das ist widerlich“, sagte die Sprecherin des Innenressorts Rose | |
Gerdts-Schiffler, „wir werden dem nachgehen.“ Als TäterIn käme ihrer | |
Ansicht nach die rechte Szene in Frage, aber auch das persönliche Umfeld | |
der Adressatin, Nachbarn etwa, oder andere „Einzeltäter“. | |
„Das Schreiben zeugt von einer sehr manifesten rassistischen Motivation“, | |
sagte Gundula Oerter von der Flüchtlingsinitiative, die sich in einer | |
ersten Reaktion „geschockt“ zeigte. Ihr ist ein solcher Fall in Bremen | |
bislang noch nicht untergekommen, auch der Flüchtlingspolitikerin der | |
Linken, Sofia Leonidakis, nicht. „Die Boshaftigkeit“ hinter dem Schreiben | |
„verschlägt mir den Atem“, so Leonidakis. | |
Anderswo wurde ähnliche Post jüngst schon versandt: Im | |
baden-württembergischen Freiburg tauchten im Juli gefälschte Schreiben über | |
angeblich geplante Abschiebungen von AsylbewerberInnen auf, die den | |
Briefkopf des Regierungspräsidiums trugen. Allerdings richtete sich die | |
Post an AnwohnerInnen. | |
21 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
## TAGS | |
Bremen | |
Schwerpunkt Ausländerfeindlichkeit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |