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# taz.de -- Endlich mal ohne Angst geschlafen
> ABSCHIEBE-PROTEST Eine Gruppe Roma hat seit Donnerstag den „Hamburger
> Michel“ besetzt: 40 Männer, Frauen und Kinderfordern, nicht abgeschoben
> zu werden. Ob sie Kirchenasyl erhalten, ist offen, die Pastoren wollen
> aber zumindest vermitteln
Das Wahrzeichen soll Zuflucht bieten: In der Hauptkirche St. Michaelis, dem
„Michel“, hat sich am Donnerstagnachmittag eine Gruppe Hamburger Roma
versammelt, um gegen ihre Abschiebung zu protestieren. Am Freitag wurde
bekannt, dass die symbolischen Besetzer – 40 Männer, Frauen und Kinder –
bis Sonntag auf dem Gelände der Kirche geduldet werden. Kommende Woche soll
das Gespräch mit der Hamburger Ausländerbehörde gesucht werden. Aussicht
auf Asyl haben sie allerdings kaum.
14 weitere Roma seien am Mittwoch in ihre Herkunftsländer zurückgeführt
worden, sagte Isen Asamovski, Sprecher des Netzwerks „Romano Jekipe ano
Hamburg“, das sich schon seit Mai für die Rechte der Roma in Hamburg
einsetzt. Die anderen hätten die entsprechenden Bescheide gekommen, sich
aber geweigert, den Flieger in Richtung Serbien, Bosnien und Mazedonien zu
besteigen. Stattdessen wollen sie in der Kirche bleiben, bis keine
Abschiebung mehr drohe.
Die Pastoren Alexander Röder und Hartmut Dinse zeigten sich nach der
„Besetzung“ gesprächsbereit: Sie luden die Gruppe am Donnerstag ins
benachbarte Gemeindehaus ein. Dort sprachen sie mit den Roma bis in die
Abendstunden und boten ihnen das Gemeindehaus zur Übernachtung an. Zusammen
mit UnterstützerInnen versorgte die Kirche die Gruppe mit Lebensmitteln,
Hygiene-Artikeln und Kleidung. „Letzte Nacht haben wir ohne Angst
geschlafen“, sagte Isen Asamovski tags darauf – „besser als je zuvor“.
Am Freitag hielt sich die Gruppe in einer Seitenkapelle auf, die vom
Kirchenschiff abgetrennt ist. Am Nachmittag berate der Kirchengemeinderat,
erklärte Peter Vette, der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des „Michel“.
Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen stand demnach gegen Abend an.
Man habe aber bereits zugesichert, Kontakt mit der Ausländerbehörde
aufnehmen zu wollen, um über die Perspektiven zu verhandeln, so Vette: Ehe
von richtigem Kirchenasyl gesprochen werden kann, müssen aber alle Gremien
der Kirchengemeinde zustimmen.
Im vergangenen November hat die Bundesregierung Serbien, Mazedonien und
Bosnien-Herzegowina zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt. Das
Asylverfahren bei Flüchtlingen aus diesen Staaten wird beschleunigt
durchgeführt, Einzelfälle werden nicht mehr genau geprüft. Bei Anträgen,
die als „offensichtlich unbegründet“ eingestuft werden, beträgt die
Ausreisefrist nur eine Woche.
Aus Sicht von Romano Schmidt, dem Sprecher des bundesweiten Roma-Netzwerks
„alle bleiben!“ sind diese Länder aber alles andere als sicher: „Es
herrscht ein gefährlicher Mix aus Rassismus vonseiten der
Bevölkerungsmehrheit und staatlichen Institutionen“, sagt er. Ethnische
Minderheiten wie die Roma würden diskriminiert und systematisch
ausgegrenzt. „Der Balkan mag sicher sein“, sagte jetzt auch ein Sprecher
der Hamburger Gruppe, „aber nicht sicher für Roma“ Fabio Kalla
19 Sep 2015
## AUTOREN
Fabio Kalla
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