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# taz.de -- Vor der Wahl in Singapur: Die Opposition wird etwas mutiger
> Der Gegenwind für die seit Jahrzehnten dominierende PAP in Singapur wird
> stärker. Die Opposition tritt erstmals in allen Wahlkreisen an.
Bild: Wahre Liebe.
Bangkok taz | Die Parlamentswahl in Singapur an diesem Freitag bringt eine
für den autoritär regierten Stadtstaat ungewöhnliche Neuerung. Denn
erstmals tritt die Opposition in allen 89 Wahlkreisen mit eigenen
Kandidaten an. Zum Vergleich: 2006 gab es in rund der Hälfte aller
Wahlkreise nur Kandidaten der People‘s Action Party (PAP).
Zwar geht auch jetzt niemand davon aus, dass die PAP die Macht verliert.
Die hält sie, seit Großbritannien Singapur 1959 die „Selbstverwaltung“
übertragen hat. Die Wahl ist auch deshalb spannender, weil auch in Singapur
wie derzeit fast überall in Asien die Wirtschaft schwächelt. Das schadet
der PAP. Die beansprucht – nicht zu Unrecht –, die einst verarmte Insel in
eine globale Wirtschaftsmetropole verwandelt zu haben.
Doch fehlt Premierminister Lee Hsien Loong dieses Mal auch die
entscheidende Schützenhilfe: Sein Vater Lee Kuan Yew, der Gründer und
Übervater der Republik, der das Land drei Jahrzehnte lang regierte und
dessen enormen wirtschaftlichen Aufstieg eingeleitet hatte, ist im März im
Alter von 91 Jahren gestorben.
Dass die PAP nicht mehr wie bisher automatisch davon ausgehen kann, die
Alleinherrschaft über den Stadtstaat mit 5,5 Millionen Bewohnern übertragen
zu bekommen, zeigte sich bereits bei den letzten Wahlen 2011.
Unzufriedenheit über hohe Immobilienpreise, Lebenskosten und die liberale
Einwanderungspolitik der Regierung brachten der PAP das schlechteste
Ergebnis alles Zeiten.
## Verschärfte Einwanderungsbestimmungen
Die Regierungspartei erhielt damals 60,1 Prozent der Stimmen. Dank des
Mehrheitswahlsystems gewann die PAP damit immer noch 81 der 87 vergebenen
Sitze. Das Ergebnis, das Regierungen in anderen Ländern bejubeln würden,
löste in der PAP fast schon Panik aus.
Singapurs Wirtschaft boomte bis dahin auch wegen der Billiglohnarbeiter,
die dank einer liberalen Einwanderungspolitik in den Stadtstaat strömten.
So leben und arbeiten Hunderttausende Haushaltshilfen aus ärmeren Staaten
in Singapur. Nach den Wahlen 2011 verschärfte Lees Regierung die
Einwanderungsbestimmungen. Die jetzige Verlangsamung des
Wirtschaftswachstums, die heute viele bemängeln, ist auch eine Folge davon.
Den Zeitpunkt der Wahlen, die mehr als ein Jahr früher abgehalten werden
als vorgeschrieben, hat die Regierung taktisch gewählt. Erst im August
feierte der Staat Singapur seinen 50. Geburtstag. Die PAP ließ keine
Gelegenheit aus, auf den wirtschaftlichen Aufschwung hinzuweisen, den sie
sich auf die Fahnen schreibt. „Ich habe diese Wahlen ausgerufen, um um euer
Mandat zu ersuchen, um Singapur über den 50. Jahrestag hinauszutragen, in
das nächste halbe Jahrhundert“, erklärte Premierminister Lee feierlich.
## Einschränkung der Freiheit
Umfragen zufolge steht der Großteil hinter ihm. Und das ungeachtet der
beträchtlichen Einschränkungen der Presse-, Versammlungs- und
Meinungsfreiheit. So berichten Singapurs Medien außerhalb des kurzen
Wahlkampfes fast nicht über die Opposition. Unzufriedene Bürgerinnen und
Bürger tauschen sich daher immer häufiger in Internetforen und in den
sozialen Medien aus, wo die Regierung zurückhaltende Kritik zu dulden
scheint.
Mit einem Sachverhalt kann die Opposition jedoch punkten: Auch in Singapur
geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Die
Kandidaten der Workers’ Party of Singapore (WP) treten immer in blauen
Hemden auf, um ihre Verbundenheit mit den Arbeitern symbolisch zu
untermalen. An einen – tatsächlich äußerst unwahrscheinlichen – Wahlsieg
glaubt die von einer früheren Polizistin geführte WP allerdings selbst auch
nicht. Stattdessen wirbt sie für eine „starke und verantwortungsbewusste
Opposition“.
11 Sep 2015
## AUTOREN
Sascha Zastiral
## TAGS
Singapur
Labour Party
Russland
Singapur
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