# taz.de -- In letzter Minute zu einer Lehrstelle kommen | |
> Azubis 4.000 Ausbildungsplätze sind unbesetzt. Börse bringt Firmen und | |
> Bewerber zusammen | |
Aylin Lesig hat noch eine Chance. Mit ihren Bewerbungsunterlagen in der | |
Hand spaziert die 23-Jährige am Mittwoch durch die Hallen am Gleisdreieck | |
und hält auf der Last-Minute-Ausbildungsplatzbörse die Augen offen. Sie hat | |
sich nach dem Fachabitur um verschiedene Studienplätze beworben, aber nur | |
Absagen erhalten. Um dieses Jahr noch etwas Sinnvolles zu machen, hält sie | |
nun Ausschau nach einem passenden Ausbildungsplatz. | |
Auf der Suche sind auch 40 Berliner Unternehmen unterschiedlicher Branchen. | |
Ihnen mangelt es an Nachwuchs. Obwohl Ausbildungsbeginn bereits am 1. | |
September war, gibt es noch 4.000 freie Ausbildungsstellen. Dabei sind laut | |
Bundesagentur für Arbeit (BA) 6.400 Jugendliche als ausbildungssuchend | |
gemeldet. | |
## Vermittlungen scheitern | |
„Die Plätze sind da, es scheitert bloß an der Vermittlung“, sagt Rica Kol… | |
von der Industrie- und Handelskammer (IHK), die die Börse zusammen mit der | |
BA und der Handwerkskammer organisiert hat, um Unternehmen und Bewerber | |
zusammenzubringen. | |
Reinigungsgesellschaften präsentieren sich neben Cateringfirmen und | |
Medienunternehmen. „Viele der 330 staatlich anerkannten Ausbildungsberufe | |
sind den Jugendlichen gar nicht bekannt oder werden unterschätzt“, sagt | |
René Dreke von der BA. Problem bei Jugendlichen sei zudem oft, dass nur | |
sehr wenige sich auf Stellen in ganz Berlin bewerben. „Die jungen Leute | |
sind sehr kiezgebunden, ein Jugendlicher aus Neukölln ist kaum bereit, für | |
einen Ausbildungsplatz nach Spandau zu fahren“, so Dreke. | |
Ein anderes Problem sind Berufsfelder, in denen die Vermittlung | |
schwerfällt, wie zum Beispiel im Handwerk. Konstantin Benedikt ist Azubi | |
beim Lehrbauhof und absolviert eine überbetriebliche Ausbildung zum | |
Tischler. Er hat mittlerweile eine Firma gefunden, bei der er begleitend zu | |
seiner Ausbildung arbeiten kann und entsprechend verdient. | |
Selbstverständlich ist das nicht. „Beginnt man eine Ausbildung beim | |
Lehrbauhof, verdient man im ersten Lehrjahr etwa 250 Euro pro Monat – das | |
ist weniger als der Hartz-IV-Regelsatz.“ | |
Aylin Lesig ist nach einer Stunde auf der Messe enttäuscht. Sie fühlt sich | |
von dem Angebot nicht angesprochen. Die Ausbildungsberufe sind eher für | |
Leute mit mittlerer Reife oder niedrigerem – manchmal gar keinem – | |
Schulabschluss ab. Lesig sei dagegen auf der Suche nach einem dualen | |
Studium im sozialen Bereich und hätte mit mehr Unternehmen aus dieser | |
Branche gerechnet. Auch die Beratung vor Ort durch die mobilen Mitarbeiter | |
der Arbeitsagentur habe nichts anderes als ihre Internetrecherche im | |
Vorfeld ergeben. Lesig will es jetzt zum nächsten Semester noch mal mit dem | |
Studium probieren. | |
Eine deutlich positivere Bilanz zieht Ronald Zobel, Ausbildungsleiter des | |
Umzugsunternehmens Zapf. Nach ein paar Stunden auf der Messe haben bereits | |
zwei neue Auszubildende einen Vertrag unterschrieben. „Los geht es dann | |
direkt am Montag“, so Zobel. Last-minute eben. Julia Schnatz | |
10 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Julia Schnatz | |
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