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# taz.de -- Fraßschutz im Pflanzenreich: Mörderische Schönheit
> Mit Insektenleichen lockt die Serpentin-Akelei Spinnentiere herbei. Die
> farbenfrohe Pflanze schützt sich so vor Raupenfraß.
Bild: Wenn es zu viele Raupen werden, kann die Hilfe der Spinnen das Überleben…
Dass fleischfressende Pflanzen sich als Insektenfänger betätigen, ist schon
länger bekannt. Sie versorgen sich so mit zusätzlichem Stickstoff. Doch
Wissenschaftler der University of California berichten jetzt von einer
kalifornischen Pflanze, die zum Insektenkiller wird, um sich dadurch die
Schutzdienstleistungen anderer Killer zu sichern.
Schauplatz des mafiaähnlichen Spektakels sind die Feuchtwälder des
kalifornischen Küstengebirges. Dort lebt die Serpentin-Akelei, ein
farbenfrohes und attraktives Gewächs, das eigentlich mit vielen Insekten
ausgesprochen friedliche Beziehungen unterhält, um sich deren
Bestäubungsarbeit zu sichern. Aber sie ist eben auch eine heimtückische
Pflanze, die den Weg zu sich mit Leichen pflastert.
Das Problem der schönen Akelei besteht nämlich darin, dass ihre Blüten und
Früchte gern von Nachtfalterraupen angenagt werden. Dagegen muss sie sich
wehren, doch dabei geht sie nicht direkt, sondern indirekt vor: Sie
verströmt einen betörenden Duft, der kleine Wespen, Käfer und Fliegen
anlockt, die an den Hafthaaren der Pflanzenstängel hängen bleiben und dort
verenden.
Es dauert nicht lange, und die Pflanze ist übersät mit Insektenkadavern.
Ein Teppich aus Aas – und ein Köder für kräftige Spinnen. Die Achtbeiner
kommen zum Leichenschmaus, und dabei entdecken sie zum Nachtisch die
Nachtfalterraupen an den Blüten und Früchten. Das Spinnenmenü wird
komplett, und die Akelei wird von einigen ihrer ungebetenen Gäste befreit.
Die Spinnen sind kräftig und groß genug, nicht am Haftflaum kleben zu
bleiben. Und dass sie auch wirklich von der Pflanze als Schutzkiller
angeheuert werden, konnte das amerikanische Forscherteam nachweisen, indem
es experimentell die Kadaver von den Haaren entfernte. „Danach nahm die
Anzahl der Spinnen deutlich ab“, berichtet Studienleiter Eric LoPresti,
„und die Raupenfraßschäden an der Pflanze nahmen deutlich zu.“
LoPresti geht davon aus, dass die Abwehrstrategie der Serpentin-Akelei im
Pflanzenreich keine Ausnahme ist. Denn in der wissenschaftlichen Literatur
fand er insgesamt 110 dokumentierte Pflanzen, die mit ihrem Klebeflaum
Insekten fangen, und darunter waren viele, die nachgewiesenermaßen keine
Fleischfresser sind.
Bisher hat man vermutet, dass sie sich damit genau vor den Insekten
schützen, die kleben bleiben. Doch die sind, wie LoPresti ermittelt hat, in
der Regel zu klein, um der Pflanze überhaupt schaden zu können. Was der
Biologe als deutlichen Hinweis darauf wertet, „dass die Aasköderfalle im
Pflanzenreich viel weiter verbreitet ist, als man bisher angenommen hat“.
17 Aug 2015
## AUTOREN
Jörg Zittlau
## TAGS
Insekten
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