# taz.de -- Kommentar Schwangerenvorsorge: Babyfernsehen ist erwünscht | |
> Die Krankenkassen umgarnen schwangere Frauen mit nicht notwendigen | |
> Vorsorgeangeboten. Denn die Mütter sind für die Kassen „gute Risiken“. | |
Bild: Von den Krankenkassen umgarnt: Junge schwangere Frauen. | |
Der medizinische Fortschritt hat Schwangerschaft und Geburt verändert. Dank | |
präziser Ultraschalluntersuchungen etwa ist es möglich, Erkrankungen und | |
Fehlbildungen bei Ungeborenen bereits im Mutterleib zu diagnostizieren und | |
– zumindest teilweise – dort auch erfolgreich zu behandeln. Viele Kinder, | |
die noch vor 50 Jahren keine Überlebenschance gehabt hätten, werden | |
heutzutage geboren – oft mit der Aussicht auf ein nicht vorbelastetes | |
Leben. | |
Das Problem beginnt wie überall in der Medizin dort, wo mit der – | |
sinnvollen und berechtigten – Vorsorge Schindluder getrieben wird. Wo also | |
Untersuchungen mit dem erkennbar einzigen Nutzen durchgeführt werden, dass | |
sich mit der Unsicherheit werdender Mütter ein prima Geschäft machen lässt | |
und dass die damit einhergehende, zunehmende Pathologisierung von | |
Schwangerschaften geradezu zwangsläufig immer neue Angebote und Nachfragen | |
schaffen wird. | |
Diese Kritik einzig an die Adresse der Frauenärzte zu richten, griffe indes | |
zu kurz. Es sind insbesondere Krankenkassen, die junge Frauen mit | |
zusätzlichen Vorsorgeangeboten umgarnen, die weit über die Regelvorsorge | |
aus dem gesetzlichen Leistungskatalog hinausgehen und dennoch erstattet | |
werden. | |
Denn für die Kassen lohnt sich die Kostenübernahme dieser unnötigen | |
Maßnahmen doppelt: Zum einen steigern junge Frauen die Attraktivität der | |
jeweiligen Kasse in der Außenwahrnehmung – also im Wettbewerb mit den | |
anderen Versicherungen. Zum anderen zählen junge Frauen im Kassenjargon zu | |
den „guten Risiken“, was so viel heißt, dass sie gemeinhin kaum krank sind. | |
Solange der Wettbewerb zwischen den Kassen politisch erwünscht ist, ist | |
dieses Verhalten nur systemkonform. Babyfernsehen auf Kosten der | |
Solidargemeinschaft – man kann sich darüber zu Recht fürchterlich aufregen. | |
Die Fehlanreize freilich verantworten Ärzte wie Kassen wie Politiker | |
gleichermaßen. | |
27 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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