# taz.de -- Die Wahrheit: Albert der Große des Kleingelds | |
> Sein Konterfei ist überall: Ex-König Albert von Belgien ziert inflationär | |
> viele Euromünzen. | |
Geld zu haben ist schön. Selbst Wechselgeld. Kompliziert wird es nur, wenn | |
man es sich seit dem Erwerb eines sogenannten Starterkits bei Einführung | |
des Euro im Jahr 2002 zur Gewohnheit gemacht hat, alle fremdländischen | |
Euromünzen zu sammeln – jedenfalls die selteneren: irische Harfenmotive, | |
slowakische Gemäuer und die Eulen aus Athen. Das war und ist zwar echtes | |
Geld, landete aber konjunkturneutral in der Sammelbüchse. Und dann kam | |
Albert II., der mittlerweile zugunsten seines Sohnes Philippe berentete | |
König von Belgien … | |
Anfangs schien er noch eine Rarität zu sein, ähnlich selten wie sein | |
letzeburgischer Großherzogskollege. Doch dann wurde es seltsam: Egal wo ich | |
in welcher Stückzahl Geld zurückbekam – es waren immer Münzen mit Albert! | |
Albert, Albert, Albert, vom 1-Cent-Stück bis zum dicken Zweier. Nicht dass | |
ich ihn noch länger gesammelt hätte; aber die Frage stellt sich, wie ein | |
Elfmillionenvolk mehr Geld im Umlauf bringt als Deutschland, Frankreich und | |
Italien zusammen? Wie macht Albert das nur? | |
Dies umso mehr, als während der Bankenschließungen in Griechenland deutlich | |
wurde, wie es beim Papiergeld zugeht. Da schreibt sich Mario Draghi als | |
Herr des Geldes die Finger wund, damit frische Euros aus der Europäischen | |
Zentralbank in die hellenischen Automaten eingefüllt werden können. Aber | |
Münzgeld wird vom kantigen Italiener nicht unterschrieben. Auf dem ist nur | |
Albert. Und das eben nicht zu knapp. Kein anderer Münzkopf ist so | |
flächenfüllend wie er. Juan Carlos, Wolfgang Amadeus Mozart und Dante | |
zeigen dezentere Porträts. Albert kommt richtig dick. | |
Könnte es sein, dass Belgien, das jahrelang überschuldet und regierungslos | |
dahintorkelte, den Königsweg zum ausgeglichenen Haushalt fand? Wenn | |
sizilianische Geldfälscher den Kontinent mit 20-Euro-Scheinen überlappen, | |
ist die Bankenwelt in Aufruhr. Aber was ist mit Albert? | |
Aus den bunten Schlagzeilen hält er sich raus. Liegt das womöglich daran, | |
dass er Wichtigeres zu tun hat, als sich auf royalen Hochzeiten zu tummeln? | |
Prägt Albert jetzt auf besonders intensive Art seine eigentlich bereits | |
vergangene Ära? Er war ja lange nur zweite Wahl und kam damals nur durch | |
den Tod des Bruders auf den Thron. Schleicht er sich allabendlich aus dem | |
Brüsseler Palast, vorbei an den Würdenträgern der EU, um insgeheim nochmal | |
die Prägeschmiede anzuwerfen? | |
Ich traue meinem Freund Albert das zu. Ich meine sogar, von Münze zu Münze | |
leichte Abweichungen in seinem Profil erkennen zu können. Womöglich werden | |
die Stanzen nach mehreren Milliarden 2-Euro-Stücken stumpf, sodass er sich | |
neu porträtieren lassen muss, um wieder frisches Geld zu machen? | |
Dennoch ist auch der neu geprägte Albert von derselben raumfüllenden | |
Unbeweglichkeit wie der alte. Oder wie es ein anderer großer Albert, Albert | |
Schweitzer, auf den Punkt brachte: „Ehrfurcht vor dem Prägen ist angesagt!“ | |
Und das beherrscht keiner so wie er – wie Albert der Große des Kleingelds. | |
20 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Umbach | |
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