Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Asylbetrug: „Da ist Eile geboten“
> Die Senatsverwaltung für Soziales geht dem Betrugsverdacht bei
> Unterbringung von Flüchtlingen nicht vehement genug nach, meint die
> Grünen-Abgeordnete Canan Bayram.
Bild: Wird er seiner Verantwortung gerecht? Sozialsenator Mario Czaja (CDU).
taz: Frau Bayram, Sie haben Unterlagen, die die Senatsverwaltung für
Soziales Ihnen auf eine Kleine Anfrage hin geliefert hat, an die
Staatsanwaltschaft gegeben. Sie hegen den Verdacht, dass
Flüchtlingsheimbetreiber mit der zuständigen Behörde nicht sauber
abgerechnet haben. Wäre das in dem Falle nicht Sache der verantwortlichen
Sozialverwaltung selbst?
Canan Bayram: Das hätte ich tatsächlich eigentlich von der Senatsverwaltung
für Gesundheit und Soziales erwartet, dass sie in dieser Sache Strafanzeige
erstattet oder Strafantrag stellt. Denn sie ist ja die Geschädigte –
beziehungsweise der Steuerzahler.
Worum geht es genau?
Aus der Antwort auf meine Anfrage geht hervor, dass in Flüchtlingsheimen
der privaten Betreiber PeWoBe und Gierso Personal entweder nicht vorhanden
oder nicht bei der Sozialversicherung angemeldet war. Dieses Personal wurde
von den Firmen aber abgerechnet und vom Lageso auch bezahlt.
Um was für Summen handelt es sich?
Das sind für die Pewobe 162.000 Euro, für die Gierso 174.000, Summen, die
sich über längere Zeiträume angesammelt haben. Dadurch ergibt sich meines
Erachtens der Anfangsverdacht für einen Abrechnungsbetrug.
Betrogen hätten dann die Betreiber, die falsch abrechneten. Was ist mit den
Behörden selbst?
Man kann sich fragen, warum falsche Angaben beim Personal, die ab Beginn
des Jahres 2013 erfolgten, erst Mitte 2014 geltend gemacht wurden und erst
ab 2015 dann das Geld zurückgefordert wurde. Ob die MitarbeiterInnen der
Behörde das möglicherweise aufgrund von Überlastung nicht früher gemerkt
haben, müsste die Staatsanwaltschaft prüfen.
Wenn die Staatsanwaltschaft zu den gleichen Schlüssen kommt wie Sie: Was
passiert dann?
Sobald der Staatsanwaltschaft bekannt wird, dass etwas strafrechtlich
Relevantes passiert ist, muss sie ermitteln. Und sie muss dann am Ende
auch, wenn der Verdacht sich bestätigen sollte, ein Verfahren einleiten.
Sollte sich herausstellen, dass sich jemand vorsätzlich bereichert hat,
kann es dann etwa zu Geldstrafen kommen.
Die CDU wirft Ihnen vor, es ginge Ihnen vor allem darum, dass Köpfe rollen.
Gemeint ist der Kopf von Senator Czaja. Ist das so?
Wenn der Schaden beziffert wird, der jetzt von den von Czaja selbst
beauftragten Wirtschaftsprüfern ja schon abstrakt benannt ist, dann kann es
sein, dass auch gegen Czaja Strafantrag wegen Untreue zu stellen wäre. Denn
dann geht es darum, wer dafür verantwortlich ist, dass es den Leuten so
leicht gemacht wurde, den Staat zu betrügen. Da werden sich Fragen stellen,
etwa, ob es eine Überlastungsanzeige der Mitarbeiter des Lageso an Czaja
gab, auf die der nicht reagiert hat. Oder hat er gar ein eigenes Interesse
daran, dass diese privaten Betreiber weiter Aufträge erhalten? Es ist meine
Aufgabe als Oppositionsabgeordnete, den Regierenden Fragen zu stellen, die
sie immer wieder zu der Reflektion zwingen, ob sie ihren Aufgaben gewachsen
sind.
Und Czaja ist das nicht?
Er hat wenig Ahnung von Verwaltung, wie man jetzt sieht, wenn er sich immer
wieder so sorglos hinstellt und so tut, als ob er gar nicht versteht, was
in seiner Behörde abgeht. Seit Czaja im Amt ist, hat er nichts getan, um
die bestehenden Missstände in seiner Verwaltung abzustellen, und jetzt tut
er so, als hätte er genug Zeit, die Dinge auf den Weg zu bringen. Aber aus
der Antwort seiner Verwaltung an mich geht hervor, dass etwa Forderungen
aus dem Jahr 2013 an die Heimbetreiber bestehen, die Ende nächsten Jahres
verjähren können. Da ist Eile geboten und es braucht jemanden, der
Verantwortung übernimmt.
6 Jul 2015
## AUTOREN
Alke Wierth
## TAGS
Unterbringung von Geflüchteten
Schwerpunkt Flucht
## ARTIKEL ZUM THEMA
Streit um Flüchtlingsheime: Gierso wieder im Boot
Das Landesamt für Flüchtlinge will sich doch mit dem Heimbetreiber
einigen, der kurzfristige Umzug von bis zu 900 BewohnerInnen ist erstmal
vom Tisch.
Kommentar Flüchtlinge in Berlin: Kalkulierte Abschreckung
Die Zustände am Lageso sind nicht neu. Die Eskalation während der
Hitzewelle dürfte dem CDU-Sozialsenator zupasskommen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.