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# taz.de -- Crowdworker-Angebote im Netz: Häppchen-Jobs für ein Taschengeld
> Viele Menschen verdienen mit „Microjobs“ aus dem Netz ein wenig Geld
> dazu. Gewerkschaften kritisieren die schlechten Bedingungen solcher
> Arbeit.
Bild: Fotos schießen für ein paar Cent: „Crowdworker“ bei der Arbeit.
NÜRNBERG/MÜNCHEN dpa | Rein in den Supermarkt, mit dem Smartphone ein paar
Fotos vom Kühlregal schießen und einen kurzen Text eintippen – viele
Gelegenheitsjobs aus der digitalen Arbeitswelt dauern nur ein paar Minuten.
Übers Internet klaubt sich eine neue Schicht von Netz-Arbeitern
Kleinst-Aufträge zusammen und erledigt sie praktisch zu jeder Zeit und von
jedem Ort aus. Das beschleunigt die Auslagerung von Aufgaben aus
Unternehmen und wirft auch viele Regulierungsfragen auf. Vor allem die
Gewerkschaften reagieren besorgt.
Alleine in Deutschland gibt es inzwischen Hunderttausende solcher digitalen
Microjobber. Sie fotografieren in Geschäften Waren und Plakate oder
Speisekarten in Restaurants, kategorisieren Produkte für Online-Kataloge,
bewerten Serviceleistungen und registrieren Öffnungszeiten. Aber auch
anspruchsvollere Aufgaben unter dem Stichwort „Crowdsourcing“ –
zusammengesetzt aus „Crowd“ für Masse und „Outsourcing“ für Auslagern…
warten auf Internetnutzer, wie die Entwicklung von Produkten und Software.
Oft sind die Aufgaben zerstückelt in kleine Häppchen und verteilt auf viele
Köpfe weltweit, die miteinander um die lukrativsten Jobs konkurrieren.
Für die Auftraggeber kann sich das lohnen: Bei manchen Plattformen können
sie sich aus den von Crowdworkern angebotenen Arbeiten die Rosinen
herauspicken. Oft spart die Vergabe der Mini-Arbeiten auch Zeit und Geld.
Die Lebensmittel-Konzerne etwa mussten früher zahllose Außendienstler im
ganzen Land umherschicken, um zu prüfen, wie ihre Werbeaktionen bei den
Kunden ankommen. Heute arbeitet ein Schwarm von Privatleuten den
Außendienstlern zu – von Studenten über Beamte und Hausfrauen bis hin zu
Senioren – und für Honorare, die ein Taschengeld oft nicht übersteigen, wie
die Mitbegründerin der Smartphone-App Streetspotr, Dorothea Utzt, einräumt.
## „Ein bisschen wie Schnitzeljagd“
Im Schnitt etwa drei bis vier Euro verdienen sich die mittlerweile über
325.000 Mitglieder mit einem Streetspotr-Job. Das Unternehmen stellt dafür
eine Gutschrift aus, um die Versteuerung muss sich dann jedes Mitglied
selbst kümmern, sagt Utzt.
Dass die Honorare nicht für den Lebensunterhalt ausreichen liegt auf der
Hand, aber darum geht es den Mitgliedern auch nicht, sagt Utzt, viele sähen
die Jobs eher sportlich-spielerisch. „Das ist ein bisschen wie
Schnitzeljagd.“ Die Unternehmerin rechnet fest damit, dass der Markt für
solche Vermittlungsdienste künftig weiter wächst. Seit der Gründung 2011
hätten sich die Streetspotr-Umsätze jährlich verdoppelt, konkrete Zahlen
nennt Utzt nicht. Noch schreibt das Startup, das auch die Förderbank KfW
als Investor an Bord hat, aber Verluste.
Die Gewerkschaften sehen in der Crowdwork durchaus Chancen – aber auch
viele Risiken. Es gebe auch gut bezahlte Online-Projekte, die sich für
Spezialisten lohnen können, sagt Oliver Suchy vom Projekt „Arbeit der
Zukunft“ beim DGB-Bundesvorstand. Zumal durch das Netz Menschen leichter
Zugriff auf Arbeit bekommen können, die vorher keinen Job gefunden haben.
Wer sich aber mit digitalen Gelegenheitsarbeiten über Wasser halten muss,
kann schlecht dran sein: „Das ist teils Wild-West, was die Bedingungen
angeht und oft im Dumping-Bereich, was die Bezahlung angeht“, sagt Suchy.
„Außerdem verschärft sich der Druck auf die Beschäftigten und Unternehmen
in der analogen Arbeitswelt.“
## Eine Randerscheinung – noch
Seit einiger Zeit arbeiten die Gewerkschaften intensiv an Spielregeln für
die neue Arbeitswelt. So haben IG Metall und Verdi Internetplattformen zum
Thema geschaltet, auf denen Crowdwork-Anbieter auch bewertet werden. Die
Arbeitnehmervertreter treiben viele Fragen um – allen voran die, ob
Crowdworker eigentlich als Selbstständige oder nicht vielmehr als
Scheinselbstständige anzusehen sind?
Auch das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung erwartet
massive Umbrüche auf dem Arbeitsmarkt durch Digitalisierung und Crowdwork.
Bisher seien solche Arbeitsformen noch eine Randerscheinung, doch dürfte
die Dynamik zunehmen, erwartet IAB-Direktor Joachim Möller. Die Frage sei
dann, wie man im immer grenzenloseren Arbeitsmarkt überhaupt Strukturen
schaffen könne, um für eine soziale Absicherung der Menschen zu sorgen.
24 May 2015
## AUTOREN
Christine Schultze
## TAGS
Netzpolitik
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