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# taz.de -- Verhütung: "Geil und aggressiv"
> Für eine medizinische Versuchsreihe hat der Journalist Clint Witchalls
> die Pille für den Mann getestet. Er würde sie wieder nehmen - trotz übler
> hormoneller Nebenwirkungen.
Bild: Wurde er durch die Testosteron-Pille zum Tarzan? Gordon Scott, 1955
INTERVIEW: MICHAEL AUST
taz: Mr Witchalls, warum wollten Sie überhaupt die Pille für den Mann
testen?
Clint Witchalls: Meine Frau hat mich gedrängt, eine Vasektomie machen zu
lassen. Aber ich wollte nicht. Der Test der Pille für den Mann schien mir
eine gute Möglichkeit, die Vasektomie noch mindestens ein Jahr
hinauszuzögern.
In dem Test hat man Ihnen ein kleines Röhrchen im Oberarm eingepflanzt, das
ständig das weibliche Hormon Progesteron in ihren Körper abgab. Außerdem
bekamen Sie regelmäßig Testosteron-Spritzen. Wie haben die Hormone bei
Ihnen angeschlagen?
Die Wirkung des Testosterons kamen mir sehr bekannt vor. Es fühlte sich an,
als wäre ich wieder ein Teenager: geil, mürrisch und aggressiv. Während des
Tests bekam ich alle zehn Wochen Testosteronspritzen. In den ersten acht
Wochen nach der Spritze fühlte ich mich wie gerade beschrieben, aber
während der letzten zwei Wochen vor der neuen Injektion war mir zum Heulen
zumute. Ich fühlte mich ungeliebt, unsicher und empfindlich. Keine Ahnung,
ob das die Wirkung des Progesterons war oder eine Kombination aus wenig
Testosteron mit viel Progesteron. Vielleicht ein Doppelangriff. Egal, ich
fühlte mich auf jeden Fall schrecklich.
Wie haben sich die Hormone auf Ihren Alltag - und Ihr Eheleben -
ausgewirkt?
Ich wurde als Verkehrsrowdy in mehrere Unfälle verwickelt, einige davon
habe ich in meinem Buch geschildert. Außerdem konnte ich mich sehr schlecht
konzentrieren - was es extrem schwierig machte, Verabredungen einzuhalten.
Meine ständigen Stimmungsschwankungen wirkten sich außerdem ungut auf mein
Eheleben aus. Meine Frau und ich hatten eine Menge Streit.
Wie hat Ihre Frau auf Ihre Veränderung reagiert?
Zuerst mochte sie den neuen Clint. Clint 2.0 war viel besser als die
Beta-Version, die sie geheiratet hatte! Ich war sehr aufmerksam zu ihr -
sexuell aufmerksam, wenn das Testosteron wirkte, und emotional aufmerksam
unter dem Einfluss des Progesterons. Im Verlauf des Versuchs veränderte
sich meine Stimmung allerdings immer dramatischer, am Ende litt ich unter
einer ausgeprägten Depression. An diesem Punkt wurde meine Frau dann
richtig ärgerlich, weil wir vorher nicht miteinander besprochen hatten, ob
ich an dem Versuch teilnehmen soll oder nicht. Ich hatte es einfach getan
und sie vor vollendete Tatsachen gestellt.
Sie schreiben am Ende Ihres Buchs, Sie würden die Pille trotzdem anderen
Männern empfehlen, wenn sie denn irgendwann marktreif ist. Warum das?
Es laufen zurzeit viele "Pille für den Mann"-Versuchsreihen in aller Welt,
aber der Test, an dem ich teilgenommen habe, wurde gestoppt. Ich kann nur
vermuten, dass zu viele andere Freiwillige die gleichen Symptome hatten wie
ich, also dramatische Stimmungsschwankungen. Wenn es nicht diese
Stimmungsschwankungen gäbe, würde ich die Verhütungsmethode definitiv
nutzen. Hauptsächlich deshalb, weil man sich - wenn das Implantat einmal
eingepflanzt ist - nie mehr um Verhütung kümmern muss. Wenn nur ich so
stark auf die Hormone reagiert hätte, wäre das kein Grund für andere
Männer, auf die "Pille für den Mann" zu verzichten. Das wäre genauso, als
wenn man sagt: Nur weil einige Frauen die Pille nicht nehmen können,
sollten sie keine Frau nehmen. Ich glaube, Männer sollten mehr Auswahl
haben bei der Verhütung.
21 May 2007
## AUTOREN
Michael Aust
## TAGS
Verhütung
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