# taz.de -- Seuchen: Vogelgrippe wieder in Deutschland | |
> In Nürnberg ist nach Entdeckung von acht infizierten Vögeln ein | |
> Sperrbezirk eingerichtet worden. Nach 1.800 erkrankten Tieren in Prag | |
> fürchtet die WHO um eine erneute Epedemie. | |
Bild: Skandal im Sperrbezirk | |
MÜNCHEN taz Die Ruhe der letzten Monate beim Thema Vogelgrippe war | |
trügerisch: Seit einigen Tagen gibt es in Deutschland und im Nachbarland | |
Tschechien wieder mehrere Fälle. Im Nürnberger Stadtgebiet wurden bis | |
Sonntag acht Wasservögel - eine Ente, eine Gans und sechs Schwäne - mit dem | |
H5N1-Virus entdeckt. In dem betroffenen Gebiet am Wöhrder See und am | |
Silbersee wurde am Samstag ein Sperrbezirk eingerichtet. | |
Zumindest bei drei der gefundenen Vögel steht bereits fest, dass es sich | |
beim Virus um die auch für den Menschen gefährliche, hoch ansteckende | |
Variante des Virus handelt. Das ergaben Untersuchungen des nationalen | |
Referenzlabors des Loeffler-Instituts. Auch bei den übrigen Vögeln sei das | |
wahrscheinlich. "Letztes Jahr hatten wir 74 H5N1-Fälle. 66 waren | |
hochpathogen, also gehen wir auch diesmal davon aus", sagte Roland | |
Eichhorn, Sprecher des Bayerischen Umweltministeriums, der taz. Sonderlich | |
überrascht seien die Experten vor Ort nicht über den Fund. Am Wöhrdersee | |
gebe es bei Wasservögeln immer wieder Botulismusinfektionen. "So | |
vorgeschwächte Tiere sind natürlich besonders leicht empfänglich für | |
Grippe", sagte Eichhorn. | |
Gefunden wurden die Erreger bei einer Routineuntersuchung. Im Freistaat | |
werden regelmäßig verendete Vögel untersucht. In diesem Jahr sind nach | |
Ministeriumsangaben Proben von 544 Wildvögeln und 182 Hausgeflügeltieren | |
genommen worden, im vergangen Jahr seien es fast 10.000 Proben von | |
Wildvögeln und knapp 1.000 Stück Hausgeflügel gewesen. Die letzten | |
Vogelgrippe-Funde in Bayern gab es im April 2006. | |
Nachgewiesen ist der Ausbruch der hoch ansteckenden Vogelgrippe-Variante | |
auch in Tschechien. Am vergangenen Dienstag wurden in einer Hühnerfarm in | |
der Region Pardubicky, rund 100 Kilometer östlich von Prag, 1.800 verendete | |
Tiere gemeldet. Am Freitag bestätigte das tschechische Referenzlabor dann | |
den Fund von hochpathogenen H5N1-Viren. Die weiteren 6.000 Tiere des | |
Betriebs wurden gekeult, auch 1.000 Puten und Enten sollten getötet werden. | |
Mit Deutschland und Tschechien steigt die Zahl der in diesem Jahr von H5N1 | |
betroffenen Länder auf 21, wobei der Schwerpunkt der Seuche weiter in | |
Südostasien liegt. Dort springt das Virus auch immer wieder vom Tier zum | |
Menschen über. In Indonesien sind nach Angaben der | |
Weltgesundheitsorganisation WHO in diesem Jahr bisher 25 Menschen an H5N1 | |
erkrankt; 22 von ihnen sind gestorben. Auch Vietnam meldete im Juni einen | |
Vogelgrippe-Toten, den ersten seit zwei Jahren. Insgesamt gab es nach | |
WHO-Angaben zwischen November 2003 und 14. Juni 2007 312 bestätigte | |
menschliche H5N1-Infektionen in 12 Ländern, 190 Erkrankte starben. | |
Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit hierzulande rüstet die WHO auf | |
Hochtouren gegen eine globale menschliche Grippe-Epidemie. Mitte Juni wurde | |
ein weltweites Vorratssystem mit antiviralen Medikamenten ins Leben | |
gerufen, um vor allem Entwicklungsländer im Fall der Fälle unterstützen zu | |
können. Und am Mittwoch kommt in Rom eine WHO-Expertenrunde zusammen, um | |
über das weitere Vorgehen in Sachen H5N1 zu beraten. Die Vorabberichte | |
zeigen, dass die Welt noch nicht gewappnet ist für den Fall des Wandels von | |
Tierseuche zur Menschenseuche. So gebe es bislang keine ausreichenden | |
Behandlungsmöglichkeiten, und die Forschung ist nach WHO-Einschätzung | |
"völlig unzureichend". Dabei sei nicht nur der Grippestamm H5N1 Anlass zur | |
Besorgnis; auch andere Influenza-Viren hätten bei Mutation das Potenzial | |
für eine weltumspannende menschliche Grippe-Pandemie. | |
Was das bedeutet, erklärt Ministeriumssprecher Eichhorn: "Bei einer | |
Grippe-Pandemie erwarten Experten schwere Erkrankungen bei jedem fünften | |
Menschen." Daher habe Bayern die antiviralen Medikamente Tamiflu und | |
Relenza eingelagert. | |
25 Jun 2007 | |
## AUTOREN | |
Max Hägler | |
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