# taz.de -- Fall Kurnaz: Bundeswehr vernichtet Geheimdaten | |
> Die Bundeswehr hat wichtige Daten zu Auslandseinsätzen verloren - auch | |
> zum Fall des Bremer Türken Murat Kurnaz. | |
Bild: Daten über Misshandlungsvorwürfe verloren: Ex-Guantanamohäftling Murat… | |
BERLIN taz Computerabsturz, Daten gelöscht - vor diesem Übel scheint auch | |
die Bundeswehr nicht gefeit zu sein. Wichtige Daten wie | |
Geheimdienstberichte aus der Zeit zwischen 1999 und 2003 seien | |
unwiederbringlich verloren, haben ARD-Mitarbeiter recherchiert. Laut | |
Verteidigungsministerium ist daran das Computersystem "Jasmin" schuld. | |
Der Staatssekretär im Ministerium, Peter Wichert, schrieb am 12. Juni an | |
den Verteidigungsausschuss des Bundestags, der "Datensicherungsroboter" | |
habe nach der Archivierung der Daten einen technischen Defekt erlitten und | |
sei deshalb Ende 2004 durch ein Austauschgerät ersetzt worden. Danach habe | |
man festgestellt, dass ein Teil der Dateien "nicht mehr lesbar" war. | |
Davon betroffen ist auch der Fall des Bremer Türken Murat Kurnaz, der | |
mehrere Jahre lang im US-Gefängnis in Guantánamo gefangen gehalten wurde. | |
Kurnaz beschuldigt zwei Bundeswehrsoldaten der Eliteeinheit KSK, sie hätten | |
ihn im Januar 2002 im Gefangenenlager im afghanischen Kandahar misshandelt. | |
Mit dem Fall befassen sich seit vergangenem Winter zwei | |
Untersuchungsausschüsse. Abgeordnete hatten bereits mehrfach moniert, dass | |
wichtige Unterlagen fehlten. | |
Wichert schrieb in seinem Brief an den Ausschuss, der der taz vorliegt: | |
"Entsprechend der gültigen Vorschriften im Umgang mit Verschlusssachen | |
wurden die nicht mehr lesbaren Kassetten am 4. Juli 2005 vernichtet." Der | |
Datenverlust "umfasst im Wesentlichen die Daten, die in den Jahren 1999 bis | |
2003 aus den Einsatzgebieten gewonnen wurden", heißt es in dem Brief. | |
Nach ARD-Recherchen handelt es sich um sämtliche geheimen Berichte über die | |
Auslandseinsätze, unter anderem des Bundesnachrichtendiensts und von den | |
Militärattachés im Ausland sowie um Mitteilungen ausländischer | |
Nachrichtendienste. | |
Bereits im Frühjahr verlautete aus dem geheim tagenden | |
Verteidigungsausschuss, dass offensichtlich Unterlagen fehlten, die den | |
Einsatz des KSK Anfang 2002 in Kandahar beträfen. Am 24. Mai stellte das | |
Bundestagsgremium dann einen Beweisbeschluss, um die betreffenden Berichte | |
vom Ministerium zu bekommen. | |
So kann Christian Ströbele, der für die Grünen im Untersuchungsausschuss | |
sitzt, auch nicht glauben, dass die Daten wirklich weg sind. "Ich habe | |
immer wieder Anfragen bezüglich KSK-Soldaten in Afghanistan in den | |
betroffenen Jahren gestellt, und Herr Wichert selbst hat mich noch letztes | |
Jahr vertröstet, als die Daten angeblich längst weg waren", sagte er der | |
taz. Auch in anderen Abgeordnetenbüros heißt es spöttisch, "Jasmin" breche | |
immer dann zusammen, wenn es um politisch brisante Themen gehe - so auch | |
schon 2005, als Soldaten als Journalisten verkleidet in Bosnien Menschen zu | |
Terroristen befragt hatten. | |
SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels glaubt nicht, dass der | |
Datenverlust Auswirkungen auf das Untersuchungsergebnis im Fall Kuranz | |
habe. Auch für eventuell noch kommende Untersuchungen kann Bartels keine | |
Beeinträchtigungen ausmachen. | |
26 Jun 2007 | |
## AUTOREN | |
Katharina Koufen | |
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