# taz.de -- Beispiel II: Peking: Es gibt kaum Obdachlose | |
> China hat mittlerweile 125 Millionenstädte, aber keine wild angesiedelten | |
> Slums. Auch nicht in Peking. | |
Bild: Neubau eines Theaters hinter der Verbotenen Stadt. | |
PEKING taz Es gibt sie: die slumfreien Riesenmetropolen inmitten von | |
Landflucht und Bauernarmut. In China. 125 Millionenstädte hat das Land, | |
aber keine wild angesiedelten Slumsiedlungen. Das Modell für die anderen | |
Städte ist Peking, die Olympiastadt 2008. Hier leben heute 4 Millionen | |
Wanderarbeiter ohne festen Wohnsitz neben 15 Millionen regulären | |
Einwohnern. | |
Tatsächlich hat sich die Einwohnerzahl der Hauptstadt in den letzten zwei | |
Jahrzehnten nahezu verdoppelt. Dennoch gibt es kaum Obdachlose. Wer sie | |
treffen will, muss in den U-Bahn-Schächten Pekings auf die Suche gehen. | |
Dafür hat sich Peking in den letzten Jahren räumlich weit ausgedehnt, neue | |
Satellitenstädte sind rings um den alten historischen Kern entstanden. Zum | |
Teil sind es moderne Hochhausensembles, gebaut für die mobile Mittelklasse. | |
Sie sind bunt angemalt, tragen westliche Namen wie "New Rome". | |
Daneben gibt es eine Stadterweiterung, die direkt dem Zufluss von | |
Wanderarbeitern entspringt. Zhejiangcun heißt ein Viertel im Süden Pekings. | |
Der Name stammt von der Provinz Zhejiang, woher die meisten Zugezogenen | |
kamen. Zhejiangcun wurde 1983 von sechs Familien gegründet, heute leben | |
viele hunderttausend Menschen in dem Viertel. Es ist ein scheinbarer | |
Wildwuchs von Textilfabriken, Märkten und Garküchen. Heute werden auch | |
Schulen und Krankenhäuser mit eingeplant. | |
Ganz anders ist die Stimmung in einem Henaner Viertel im Norden Pekings, wo | |
die sandigen Schotterstraßen von vielen kleinen Handwerkerbuden gesäumt | |
werden. Aber auch hier gilt: Die Provinzviertel gleichen der jeweiligen | |
Heimat ihrer Bewohner. Stein für Stein wird die alte Heimat wieder | |
aufgebaut. Aus Henan kommen die Bauhandwerker, aus Zhejiang die | |
Textilarbeiter. Offen ist, ob sich die Pekinger Stadtplanung diesen | |
natürlich gewachsenen Provinzvierteln anpasst oder sie mit neuen | |
Satellitenstädten ausradiert. Die bevorstehenden Investitionen sind enorm: | |
560 Kilometer U-Bahn-Linien werden bis 2020 neu gebaut, 45 Prozent der | |
Stadtoberflächen sollen bis dahin grün sein. Und im Stadtkern soll eine | |
Million Menschen weniger leben. | |
28 Jun 2007 | |
## AUTOREN | |
Georg Blume | |
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